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Wahlen in Thailand Junge Thais wollen Teilhabe – und den König kritisieren dürfen

Chonthicha Jangrew will mit der «Move Forward Party» ins Parlament. Ihr Ziel: weniger Macht für das Militär und eine Reform der Monarchie.

«Bitte wählt am 14. Mai die Move Forward Party, denken Sie daran, wählen Sie die Nummer 9.» Chonthicha Jangrew steht auf der offenen Ladefläche eines kleinen Lastwagens, mit einer Hand hält sie das Mikrofon, mit der anderen winkt sie den Menschen am Strassenrand zu. Um Chonthichas Hals baumeln Plastikorangen, die Farbe der «Move Forward Party».

Chonthicha fordert unter anderem den Rücktritt der Militärregierung, jener Regierung, die sich 2014 an die Macht geputscht hatte. Sie will ausserdem eine Reform der Monarchie. Alle wüssten, dass der König noch immer die Macht im Land habe, sagt sie. Die Bürgerinnen und Bürger sollten das Recht haben, über ihn zu sprechen, ja sogar Kritik zu äussern.

«Reform nicht einfach»

Majestätsbeleidigung kann in Thailand mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet werden. Und: Jeder kann jeden anklagen. «Ich persönlich würde diesen Gesetzesartikel ganz abschaffen», sagt Chonthicha. Dies sei aber nicht einfach, weil gewisse Leute, vor allem die Konservativen, das Gesetz aufrechterhalten wollten. Deshalb wolle ihre Partei den entsprechenden Gesetzesartikel lediglich reformieren. So solle etwa das Strafmass reduziert werden.

Chonthicha Jangrew will einen Kurswechsel in der Politik
Legende: Chonthicha Jangrew will einen Kurswechsel in der Politik. SRF

Chonthicha wurde laut eigenen Angaben bereits mit über zwei Dutzend Klagen eingedeckt – darunter auch wegen Majestätsbeleidigung. Bei einer Verurteilung drohen jahrelange Haftstrafen.

Fast ein Jahr lang musste sie zudem eine elektronische Fussfessel tragen. Dies habe ihre Kampagnenarbeit massiv erschwert, sagt sie. Einige in ihrem Bezirk hätten gefragt, ob sie ein schweres Verbrechen begangen habe. Sie habe viel Zeit damit verbringen müssen, zu erklären, was es damit auf sich habe.

Schock für Establishment

Die Vorgängerpartei der «Move Forward Party», die «Future Forward Party», erreichte kurz nach ihrer Gründung bei den Wahlen 2019 aus dem Stand den dritten Platz – und schockierte damit das konservative Establishment. Rund ein Jahr später liess die Militärregierung die Partei gerichtlich auflösen, offiziell wegen illegaler Parteifinanzierung.

Besonders bei der Jugend war die «Future Forward Party» mit ihrer progressiven Politik beliebt. Jüngste Umfragen sehen die Nachfolgepartei, die «Move Foward Party», bei diesen Wahlen auf den vordersten Plätzen, gemeinsam mit der Oppositionspartei «Pheu Thai».

Chonthichas Lastwagen hält am Strassenrand an. Wie bei einem Popstar umringen Unterstützerinnen und Unterstützer den Wagen, jemand überreicht ihr kleine Snacks, eine Frau legt ihr einen orangen Blumenkranz um den Hals. Chonthicha lächelt verlegen und bedankt sich.

Echo der Zeit, 08.05.2023, 18:00 Uhr ; 

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