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Waldbrände in Kalifornien Nach dem Verlust des Hauses beginnt der Kampf ums Hilfsgeld

Vor drei Monaten tobten verheerende Feuer in Kalifornien. Nun kommt die Wiederaufbau-Bürokratie.

Mi Lindquist stolpert durch Schutthaufen aus verbogenen Stahl und Aluminium, Glassplittern, Gipsbrocken und zersplitterten Tontöpfen. Zwei graue Kamine sind alles, was vom Haus der 53-Jährigen übrig ist. Ihre Jeans ist zu weit, ihre blaue Fleecejacke ausgeleiert.

Beide Kleidungsstücke wurden ihr gespendet. Die Künstlerin wünscht, sie hätte mehr mitgenommen, als sie am 9. November um sechs Uhr morgens vor den Flammen floh. «Das Normale, das ist egal. Aber das Unersetzbare wiegt schwer. Schmuck, den meine Mutter mir gegeben hat, Briefe von meiner besten Freundin und meinem ersten Freund.»

Das Undenkbare ist passiert

Lindquist war trotz Evakuierungsanordnung geblieben, bis Funken über ihr Haus flogen und Rauch ihr den Atem nahm. Sie kehrte gegen die Anweisungen der Polizei schon am nächsten Tag zurück. «Nie im Leben habe ich damit gerechnet, dass mein Haus in dem Dorf in den Santa-Monica-Bergen abbrennen würde.» Ihre Familie zog ein, als Mi sieben Jahre alt war.

Inzwischen lebt sie allein. Lindquist sucht nach Verwertbarem für den Schrotthändler, der später vorbeikommen will. Sie findet die verkohlte Klimaanlage, eine verbogene Aluminiumleiter und Kerzenständer aus Metall.

Einen Wohnwagen als Unterkunft

Lindquist braucht dringend Geld. Sie hatte keine Feuerversicherung. Sie will einen Wohnwagen kaufen, den Schutt wegräumen lassen und ein neues Haus bauen.

All das kostet Geld. «Wenn aus Sicht der Behörden das Fundament nicht mehr stabil genug ist, können die Behörden entscheiden, dass es weg muss. Ein neues Fundament kostet hier am Berg mindestens 50'000 Dollar. Ich will aber auf meinem alten Fundament bauen, alles zusammen für höchstens 150000.»

Lindquist fährt zum improvisierten Büro der US-Katastrophenschutzbehörde Federal Emergency Management Agency (Fema). Diese hat ihr gerade mitgeteilt, dass ihre Papiere nicht ausreichten, um finanzielle Unterstützung vom Bund zu bekommen.

Auf der Eigentumsurkunde für ihr Haus steht der Name ihrer Mutter. Dreimal habe man ihr versichert, dass ihre Papiere ausreichen, erklärt Lindquist dem Leiter des Büros und zeigt ihm die notariell beglaubigte Erklärung ihrer Mutter, dass das Haus ihr gehört.

«Das ist nicht fair»

Eine Mitarbeiterin führt Lindquist auf den Flur. «Ich brauche das bescheuerte Fema-Geld so schnell wie möglich. Das wirft mich drei Wochen zurück. Mindestens. Es ist nicht fair.»

Vorüber gebeugt sitzt sie unter Neonlicht auf einem Klappstuhl. Ihre Papiere hat sie auf dem Boden vor sich ausgebreitet. Sie ist blass, ihre Augen sind rot.

Auf fremde Hilfe angewiesen

Die Mitarbeiterin versichert, dass alle ihr Bestes täten, um zu helfen. Lindquist ist davon nicht überzeugt.

Sie fürchtet, dass sie noch lange auf Freunde und Fremde angewiesen sein wird. «In den ersten Wochen habe ich mich so frei gefühlt. Wir, die im Dorf geblieben sind, haben zusammengehalten, wie in den Siebzigern. Wir haben alles geteilt. Ich hoffe, dass das so bleibt. Aber wer weiss.»

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