Leigh Harris-Avril wohnt nicht in ihrem Haus, sondern sie «kampiert in ihrer eigenen Wohnung». In ihrer Küche sieht es tatsächlich eher aus wie auf einem improvisierten Campingplatz als in einer Wohnung. Überall stehen Flaschen voll mit Wasser, das Leigh Harris von Freunden angeschleppt hat.
Vor Kurzem wurde der Siedlung – eine knappe Autostunde ausserhalb von Phoenix – das Wasser aufgrund von politischen Streitereien abgestellt. «Die 500 Dollar, die eine Wasserlieferung jetzt kostet, können wir uns nicht leisten», sagt Leigh Harris.
Blick in die Zukunft
Auch im Bad und in der Toilette spart Harris so viel Wasser, wie sie nur kann: «Durchschnittlich verbraucht eine amerikanische Familie 300 bis 380 Liter Wasser pro Tag. Mein Mann und ich haben unseren täglichen Wasserverbrauch auf 35 Liter reduziert.»
Die Situation von Leigh Harris-Avril hier draussen in der Wüste vor Phoenix scheint extrem. Und doch gibt sie einen möglichen Blick frei auf das, was der Region bevorstehen könnte.
Neue Regeln
Tausende junge Familien zogen in den letzten Jahren hierher. Und seit die Hightechindustrie Phoenix als günstigere Alternative zum Silicon Valley entdeckt hat, wächst es noch schneller.
Doch das bringt Probleme mit sich: Kürzlich hat Gouverneurin Katie Hobbs neue Regeln für die Bautätigkeit verkündet, weil sonst das Wasser auszugehen droht.
Arizona hat seine Grundwasservorräte für die nächsten 100 Jahre errechnet und festgestellt: Es reicht, aber nur, wenn ab sofort strikte Massnahmen eingeführt werden.
Niemand darf mehr bauen, ohne nachgewiesen zu haben, dass das Bauprojekt wassereffizient ist.
«Eigentlich ist das Meiste gesunder Menschenverstand.» Max Wilson ist stellvertretender Direktor der Wasserwerke und als solcher eine der zentralen Figuren in der Zukunftsdiskussion in dieser Stadt mitten in der Wüste. «Es geht darum, dass niemand mehr bauen darf, ohne zuvor nachgewiesen zu haben, dass das Bauprojekt wassereffizient ist, oder dass wir nicht mehr erlauben wollen, dass zu grosse Rasenflächen rund um ein Gebäude herum angelegt werden können.» Dies, weil diese in den USA so beliebten und ausgiebig bewässerten Vorgärten viel zu viel Wasser benötigen.
Verunsicherung in der Immobilienindustrie
Logischerweise hat dies in denjenigen Kreisen, die am liebsten so schnell wie möglich so viel wie möglich bauen würden, grosse Verunsicherung ausgelöst.
Doch Wilson winkt ab: «Wir denken, dass unsere Massnahmen uns erst dazu befähigen, auch in weiterer Zukunft wachsen zu können. Was wir sicherstellen wollen, ist, dass wir von Anfang an richtig bauen.» So könne man verhindern, später mühsame Bausünden korrigieren zu müssen.
Wir haben im grossen Stil neue, wassersparende Techniken eingeführt.
Wilson ist sowieso stolz auf das, was die Stadt schon erreicht hat. Denn Phoenix verbraucht heute weniger Wasser als vor 20 Jahren, trotz deutlich mehr Einwohnerinnen und Einwohnern. «Wir haben im grossen Stil neue, wassersparende Techniken eingeführt.»
Wilson schüttelt den Kopf, wenn er daran denkt, wie viele schlecht funktionierende Toiletten sie in Phoenix durch neue ersetzt haben. Oder wie viele Bewässerungsanlagen sie mit neuen Steuereinheiten ausgestattet haben, sodass die Sprinkler nicht mehr automatisch Wasser zu sprühen beginnen, selbst wenn es denn einmal regnet. «Alle diese kleinen Dinge lassen uns erstaunlich viel Wasser sparen», so Wilson.
Doch auf diesen Lorbeeren auszuruhen, kann sich Phoenix nicht erlauben. Das weiss auch Wilson: «Wir müssen weiter innovative Strategien finden», und den gesunden Menschenverstand walten lassen.