Simbabwe ist nicht nur gesegnet mit fruchtbaren Böden, sondern auch mit reichhaltigen Edelstein- und Halbedelsteinvorkommen. Rubine und Turmaline etwa. Und von Osten nach Westen zieht sich ein Aquamarin-Gürtel. Die Steine werden in der Regel illegal, also in nicht registrierten Minen, abgebaut und unter der Hand verkauft.
Die Geschäftspartner Patrick Zindoga und Iver Rosenkrantz hingegen liessen ihre Aquamarin-Mine während eines zweijährigen Prozesses registrieren, um die Steine exportieren zu können. Denn die hellblauen Aquamarine sind weltweit begehrt. Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem.
Zimbaqua: Von wegen Männersache!
Ihre Mine liegt mitten in einem Landwirtschaftsgebiet. Wo einst zehntausend Grossbauern lebten, werden die Felder heute von den Einheimischen bestellt. Und wer genauer hinschaut, bemerkt, dass auf vielen der Tabak- und Maisfeldern Frauen die harte Arbeit leisten.
Das ist auch den beiden Geschäftspartnern aufgefallen, und nicht nur das: Vor etlichen existierenden Minen bemerkten sie am Zahltag, dass Frauen beim Eingang warteten, um sicherzustellen, dass der Lohn nicht sofort vertrunken wird.
«Wir haben angefangen, mit etlichen Frauen auf den Höfen rund um unsere geplante Mine zu sprechen und haben gemerkt, dass viele interessiert waren, in unserer Mine zu arbeiten», erzählt Patrick Zindoga. Darum haben sich er und sein Partner dafür entschieden, dass in der Mine nur Frauen arbeiten sollten.
Das hätten die Männer zuerst nicht verstanden, es habe Widerstand gegeben, was kein Wunder ist. In Simbabwe gibt es kaum Arbeit im formalen Sektor und schon gar nicht in diesem Gebiet, das nur durch Schotter- und Feldstrassen erschlossen ist, die in der Regenzeit oft überflutet sind. «Doch wir haben schliesslich die traditionellen Führer von unserer Idee überzeugen können, wir mussten einfach aufpassen, dass wir aus allen Dörfern Frauen anstellen.»
Frauen verbreiten eine fröhliche Stimmung, auch bei harter Arbeit.
Rumpi Gwinji, eine zierliche Sicherheitsexpertin, ist die Managerin der Mine. Jeden Morgen schärft sie den 23 versammelten Arbeiterinnen die Sicherheitsregeln ein und verkündet das Tagesprogramm. Die Frauen hören konzentriert zu, die Helme tragen sie bereits, dann schnappt sich jede eine Schaufel und alle machen sich zu den Gruben auf.
«Es ist das erste Mal, dass ich ausschliesslich mit Frauen arbeite. Anfangs war das schon etwas seltsam», sagt sie, «doch mittlerweile muss ich sagen, dass ich es wunderbar finde. Die Frauen sind in ihrer Leistung sehr konsistent. Sie sind sich harte Arbeit gewöhnt, oft singen sie dabei.»
Aquamarine werden im Tagbau geschürft. Zurzeit gibt es zwei offene Gruben. In der Regenzeit sind sie meist mit Wasser gefüllt, welches es abzupumpen gilt. Denn Aquamarine in richtig guter Qualität finden sich nur in den tieferen Gesteinsschichten. Während die Pumpe läuft, entsorgen die Frauen Felsbrocken, sie fliegen von einer Hand zur anderen, es sieht aus wie ein Kinderspiel.
Rutendo Chigwajara, eine 42-jährige geschiedene Mutter von drei Kindern, ist jene Frau, die die beiden Besitzer ursprünglich zur Anstellung von ausschliesslich Frauen inspirierte. Sie schlägt mit einem sieben Kilogramm schweren Hammer einen Stift in den Fels, um ihn zu lockern.
Eine kleine Revolution der Unabhängigkeit
Rutendo Chigwajaras Kraft ist beeindruckend. Sie ist begeistert, nur mit Frauen zusammenzuarbeiten. «Wir können über das reden, was uns beschäftigt, unsere Kinder, die Männer. Zudem können wir das Geld so einsetzen, wie wir wollen, nämlich für unsere Familien», sagt sie in einer Verschnaufpause.
Sie hat sich zur stellvertretenden Managerin hochgearbeitet, doch packt sie lieber an, als die Arbeit zu delegieren. Zudem ist sie für den Kompressor zuständig, der die Pressluftbohrer anfeuert. Sie reinigt ihn, wie wenn es ihre eigene Küche wäre. Überhaupt fällt beim genaueren Beobachten auf, wie viele Tätigkeiten in der Mine ihrer Arbeit im Alltag gleichen. So elegant und scheinbar mühelos sie auf den Köpfen einen Eimer voll Wasser von der Pumpe in ihre Hütten balancieren, so laufen sie hier gar mit Presslufthämmern auf dem Kopf einen steilen Hang hinunter.
«Ja, natürlich haben die Männer uns anfangs belächelt und waren überzeugt, dass wir diese Arbeit nicht machen können», sagt Itayi Jacob in der Mittagspause. Sie sitzt mit ihren Kolleginnen in einem selbstgebauten offenen Gebäude und isst Maisbrei. Die 28-jährige Jacob ist die Tochter des lokalen «Chiefs», also einem der Männer, die in die Inbetriebnahme der Mine eingewilligt haben.
Die Männer haben uns belächelt und waren überzeugt, dass wir diese Arbeit nicht machen können.
Dieser lebt nicht weit weg von der Mine mit seiner Grossfamilie in einigen Hütten, umgeben von Maisfeldern. Seine Tochter ist die einzige der Familie, die verdient. Deshalb ist der rüstige 72-Jährige stolz auf seine Tochter, zumindest heute. «Zu Beginn war die Vorstellung, dass in der Mine nur Frauen arbeiten, schon sehr befremdend. Doch so lange meine Tochter mit ihrem Lohn mir auch eine Kiste Bier kauft, bin ich zufrieden», lacht er, und seine Söhne lachen mit.
Itayi Jacob verfolgt das Gespräch mit hochgezogenen Augenbrauen, sagt aber nichts. Ihrem Vater ist durchaus bewusst, dass die Frauenmine eine kleine Revolution unter den Frauen auslösen kann, da diese nun nicht mehr abhängig sind von ihren Männern. «Es gibt schon einige Frauen, die jetzt sagen, dass sie nicht mehr heiraten wollten, ja gar keinen Mann mehr brauchten, aber diese sind zum Glück in der Minderheit», meint er.
In der Mine ist die junge Frau auch für die Instandhaltung des Gemüsegartens zuständig. Dieser sowie ein eigenes Maisfeld liefern den Frauen eigentlich alles, was sie für ein Mittagessen brauchen. Während sie mithilft, Unkraut auszureissen, erzählt sie, dass sich seit ihrer Anstellung in der Mine vieles für sie verändert hat.
Mein Selbstbewusstsein ist enorm gestiegen, heute lasse ich mir wirklich nicht mehr alles bieten.
Auch wenn ihr Vater sich als Patriarch darstelle, so respektiere er sie heute viel mehr als früher und höre ihr zu. «Mein Selbstbewusstsein ist enorm gestiegen, heute lasse ich mir wirklich nicht mehr alles bieten», betont sie, ihre Stimme laut und kräftig.
Highlight der Arbeit: «Der Fund eines richtig guten Aquamarins»
Rutendo Chigwajara, die Vizemanagerin und Kompressor-Verantwortliche, ist auch Sprengchefin. In die mit Presslufthämmern gebohrten Löchern stopft sie Dynamitstangen, eine andere Frau warnt derweil die umliegenden Höfe mit schriller Stimme vor der bevorstehenden Explosion. Alle Frauen bringen sich in Sicherheit.
Nach dem Knall brechen sie die nun losen Gesteinsschichten auf. Spannung liegt in der Luft. Was werden sie finden? Die ersten Aquamarine, unscheinbare bläuliche Steine, die erst schimmern, wenn sie mit Wasser benetzt sind, reichen sie weiter an Managerin Rumpi Gwinji.
Sie hält sie gegen die Sonne, noch ist sie nicht beeindruckt. Doch dann kommt ein Aquamarin zutage, der die Frauen zum Trillern bringt. «Ja, das ist eine gute Qualität», lächelt die Managerin, und fügt an, dass ein richtig guter Fund das Befriedigendste an der Arbeit sei. «Diese Steine reisen in die ganze Welt, werden geschliffen und bewundert. Es ist eine wunderbare Vorstellung, zu wissen, dass wir sie gefunden haben.»
Profit bleibt bis heute aus
Wie schwierig es ist, überhaupt einen Aquamarin in Edelsteinqualität zu finden, erzählt einer der Besitzer, der Simbabwer Patrick Zindoga, der einmal pro Woche die Mine besucht. Die ersten sieben Monate hätten die Frauen keinen einzigen wirklich brauchbaren Stein gefunden.
Bis heute werfe die Mine noch keinen Profit ab, die Covid-19-Pandemie, die kurz nach dem Start ausbrach, habe das Unterfangen zusätzlich erschwert. Dass hier nur Frauen arbeiteten, habe sich aus der Situation gegeben. «Die Frauen in dieser Gegend wollten das, also haben wir nur Frauen angestellt. In einer anderen Region sind Frauen vielleicht nicht interessiert. Wir sind ein Geschäft, keine NGO. Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, Frauen zu etwas zwingen, das sie nicht interessiert.»
Wir sind ein Geschäft, keine NGO.
Patrick Zindoga und sein Partner Iver Rosenkrantz hoffen, in zwei Jahren Gewinne machen zu können. Zehn Prozent der Einnahmen stecken sie bereits jetzt in einen Fonds, der Projekte in der Gegend finanzieren soll. Ist eine Grube ausgeschöpft, wird sie wieder gefüllt und bepflanzt. Eine nachhaltige Mine in jeder Hinsicht.