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Weltweite Schlagzeilen Was tun gegen Bärenangriffe in Japan?

In Japan sind allein seit Jahresbeginn zwölf Menschen von Bären getötet worden – so viele wie noch nie in einem Jahr. Der in Tokio lebende Journalist Martin Fritz erläutert die Massnahmen, die die Politik jetzt gegen die Bären ergreifen will.

Martin Fritz

Freier Journalist

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Der Journalist Martin Fritz arbeitete als Radio-Korrespondent für die ARD in Tokio. Als freier Journalist berichtet er nun neben Japan auch über Nord- und Südkorea. Vorher war er fünf Jahre lang Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi.

Was wollen die japanischen Behörden gegen die Bären unternehmen?

Nach Bärensichtungen in Supermärkten, in Tiefgaragen und in Schulen will man an solchen Orten jetzt sogenannte Bärenboxen hinstellen, das sind Bärenfallen. Auch wird nicht ausgeschlossen, Bären zu betäuben oder gar zu erschiessen, wenn sie sich in bewohntes Gebiet verirren. Dazu wurden nach einem Krisentreffen auf höchster politischer Ebene die zuständigen Behörden angewiesen, mehr Jäger auszubilden. Auch Polizisten sollen im Schiessen mit Jagdgewehren trainiert werden. Zudem soll die Armee unterstützend mithelfen. Und an heiklen Orten sollen Bärenzäune montiert werden.

Warum werden in Japan so viele Menschen von Bären getötet oder verletzt?

Experten sind sich nicht einig, warum sich die Angriffe in diesem Jahr derart häufen. Ein Grund könnte darin liegen, dass diesen Herbst in den nördlichen Gebieten der Hauptinsel Honshu, wo die Schwarzbären überwiegend leben, aussergewöhnlich wenig Eicheln und Buchennnüsschen zu finden sind, von denen sich Bären oft ernähren.

Mit verstärkten Kontakten verlieren die Bären die natürliche Scheu vor dem Menschen.

Auch pflücken sich die Tiere gerne Kaki-Früchte direkt von den Bäumen und wagen sich dafür bis in Randgebiete von Dörfern und Städten vor. Zusätzlich werden die Tiere von Abfällen des Menschen angelockt. Und mit den verstärkten Kontakten verlieren die Bären die natürliche Scheu vor dem Menschen. Das wiederum führt zu einer Art Teufelskreis aus mehr Kontakten mit Menschen und weniger Scheu.

Warum gibt es weniger natürliche Nahrung für die Bären?

Einige Experten führen den Futtermangel in diesem Jahr darauf zurück, dass es infolge des Klimawandels durchschnittlich wärmer geworden ist. Zudem verkürzen die höheren Temperaturen womöglich den Winterschlaf der Bären. Es ist aber auch so, dass sich die Zahl der Schwarzbären auf Honshu und Shikoku in den letzten Jahren auf 45'000 verdreifacht hat.

Wenn weniger Nahrung da wäre, wäre die Bärenpopulation kaum derart gewachsen.

Und die Zahl der Braunbären – sie leben vor allem auf der nördlichen Insel Hokkaido – hat sich in den letzten zwanzig Jahren auf 11'000 verdoppelt. Diese Zahlen sprechen eher gegen einen negativen Einfluss des Klimawandels auf das Nahrungsangebot: Denn wenn weniger Nahrung da wäre, wäre die Bärenpopulation kaum derart stark gewachsen.

Japan entsendet Soldaten

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Japan hat damit begonnen, Soldaten in die am stärksten betroffene Region zu entsenden. Die Soldaten seien unter anderem mit Abwehrspray, Stöcken, Schilden und Netzwerfern ausgestattet, teilte das Verteidigungsministerium mit. Die Soldaten tragen aber keine Schusswaffen und sollen die Tiere nicht jagen.

Neben Abschüssen wollen die Behörden die Leute auch in Selbstverteidigung gegen Bären schulen. Wie kommt das an?

Die Bären sind in Japan derzeit wohl das Thema Nummer eins. Videos gehen viral, die zeigen, wie ein Bär eine Frau auf offener Strasse angreift oder in einem Fluss mitten in einer Grossstadt Fische zu fangen versucht. Und die Behörden geben den Ratschlag, dass man bei einer Bärensichtung keinesfalls wegrennen soll, weil der Bär sowieso viel schneller rennt. Ansonsten solle man sich flach auf den Boden legen und mit Händen und Armen Kopf und Hals schützen. Vor allem aber sind die Leute froh, dass die Behörden endlich aktiver werden, um die Gefahr zu verringern – auch mit Abschüssen von Bären.

Das Gespräch führte Yves Kilchör.

SRF 4 News aktuell, 4.11.2025, 6:25 Uhr ; 

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