In seinem Leben hat der 81-jährige Anwalt John Keker schon viele Kämpfe ausgefochten. Sei es im Kampfeinsatz als Marine, wo er in Vietnam verwundet wurde. «Im Dienst für mein geliebtes Land», wie er sagt. Oder als Anwalt vor Gericht. Sowohl Minderheiten als auch Tech-Konzerne zählen zu seinen Kunden. Sie alle hätten ein Recht auf ein faires Verfahren.
Und deshalb zieht John Keker noch einmal in den Kampf gegen Donald Trump.
Trump und die Anwaltskanzleien
Keker zeigt sich im Gespräch mit Barbara Lüthi und dem «Club» enttäuscht – von seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, den Republikanern und auch von seiner eigenen Zunft. «Wenn Anwältinnen und Anwälte nicht für den Rechtsstaat in den USA einstehen, wer dann?», schrieb er im März in einem eindringlichen Appell in der «New York Times» und rief die Anwaltskanzleien im Land zum Widerstand gegen Trump auf.
Einer Person in einem öffentlichen Amt etwas von Wert zu geben – damit diese Person eine Verordnung fallen lässt. Das erachte ich als Bestechung.
Trump drohte Kanzleien, die früher Gegner von ihm vertraten, mit dem Wegfall von öffentlichen Aufträgen – per Präsidialverordnung. Sein Ziel: Anwälte sollten keine Mandate mehr von politischen Opponenten übernehmen. Die Einschüchterung wirkte. Einige grosse Kanzleien wie Paul, Weiss und Skadden Arps liessen sich daraufhin auf einen Deal mit Trump ein und boten ihm juristische Dienste im Wert von 140 Millionen Dollar an.
«Einer Person in einem öffentlichen Amt etwas von Wert zu geben – damit diese Person eine Verordnung fallen lässt. Das erachte ich als Bestechung», so Keker. Den Kanzleien, die sich widersetzten, eilte Keker zur Hilfe, mit juristischem Rat und seiner öffentlichen Stimme.
Zu viele gehen vor Trump in die Knie
Der Widerstand laufe durchzogen. Aus Angst vor persönlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen würden zu viele Menschen vor Trump einknicken. «Er nimmt Menschen, die bereit sind, sich ihm entgegenzustellen, er schüchtert sie ein und statuiert ein Exempel an ihnen. Und schon bald erreicht man so die Selbstzensur aller.»
Jeder Einzelne muss täglich für den Rechtsstaat einstehen, nur so kann man etwas bewirken.
Und trotzdem: «Viele kleinere und junge Kanzleien unterstützen uns. Auch einige grössere, wenn auch nicht in dem Mass, wie ich es gerne hätte.» Der Widerstand beginne im Kleinen: «Man kann Fall für Fall übernehmen und hoffen, dass man gewinnt.»
Kann das Gesetz Trump noch stoppen?
Kekers Büro in San Francisco steht neben der US-Behörde für Einwanderung und Zoll (ICE). Kürzlich sei ein Mann in die Kanzlei gerannt. Die Behörde wollte seine Frau ausschaffen, ohne Rechtsgrundlage, so Keker. Seiner Kanzlei sei es in einer Ad-hoc-Aktion gelungen, das zu verhindern. «Es war nur eine Person, aber das ist ein Anfang.» Jeder Einzelne müsse täglich für den Rechtsstaat einstehen, nur so könne man etwas bewirken.
Die Menschen in den Vereinigten Staaten müssen nun eine Entscheidung treffen: Wollen sie weiterhin wie freie Amerikaner leben?
Ein Jahr nach der Wahl ist Keker ernüchtert. Richterinnen und Anwälte allein könnten Trump nicht mehr stoppen. Dass der Supreme Court Trumps Machtausweitung begrenzt, darin setzt Keker keine grossen Hoffnungen: «Ich glaube, das geht jetzt über das Gesetz hinaus. Die Menschen in den Vereinigten Staaten müssen nun eine Entscheidung treffen: Wollen sie weiterhin wie freie Amerikaner leben?»
Ein erstes Zeichen gegen Trump gab es an der Urne, wo die Demokraten kürzlich mehrere Siege errangen. Entscheidende Urteile des Obersten Gerichts in den USA stehen bald an. Was bleibt, ist ein Klima der Angst, und der Umstand, dass es heute in den USA für einen Anwalt wie Keker Mut braucht, seinen Beruf auszuüben.