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Am grössten Windpark Europas in Norwegen ist auch die BKW beteiligt
Aus Rendez-vous vom 27.10.2023. Bild: Keystone/Jan Wolters/Symbolild
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Windpark in Norwegen Konflikt mit Urbevölkerung um Fosen-Windpark spitzt sich zu

Europas grösste Windkraftanlage an Land in Norwegen läuft weiter, obwohl vom Höchsten Gericht für illegal erklärt. Die Urbevölkerung der Sami mit ihren Rentieren fordert den Abriss des Windparks, an dem auch die schweizerische BKW beteiligt ist.

Auf der Halbinsel Fosen in Mittelnorwegen ist vor drei Jahren die grösste Windkraftanlage an Land in Europa ans Netz gegangen. Ein Jahr später urteilte der Höchste Gerichtshof in Oslo jedoch, dass diese Anlage gegen die Menschenrechte gemäss der UNO-Charta zum Schutz indigener Völker verstosse.

Windkraftpark Fosen

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Der Windkraftpark Fosen ist mit 277 Windmühlen der grösste seiner Art an Land in Europa. Die Bewilligung dazu wurde 2013 erteilt. Die Turbinen stehen an sechs verschiedenen Standorten im Gebiet der Halbinsel Fosen und produzieren jährlich gut 3.4 Terrawattstunden Strom.

Die Anlage gehört zu 52.1 Prozent dem staatlichen norwegischen Unternehmen Statkraft, zu 7.9 Prozent dem lokalen Energieunternehmen Trønder Energi und zu 40 Prozent der Firma Nordic Wind Power. Dahinter steht unter anderen die schweizerische BKW.

Das Gericht unterliess es jedoch zu entscheiden, ob das Milliardenprojekt, an dem die schweizerische BKW indirekt mit 11 Prozent beteiligt ist, abgerissen werden muss oder nicht.

Die Anlage ist illegal. Deutlicher kann ein Gericht nicht werden.
Autor: Hans Petter Graver Professor für Privatrecht, Universität Oslo

Trotzdem lasse das historische Urteil in seiner Deutlichkeit keine Zweifel offen, erklärte der Jurist Hans Petter Graver kürzlich bei einem Vortrag in Oslo: «Die Rechte der samischen Bevölkerung wurden in diesem Fall verletzt. Deshalb ist die Anlage illegal. Deutlicher kann ein Gericht nicht werden», erklärte der Professor für Privatrecht an der Universität Oslo.

Als Konsequenz des Gerichtsurteils hat sich nun die norwegische Regierung bei den betroffenen Sami entschuldigt. Von einer Schliessung der Anlage «Fosen Vind» und einem Abriss, wie dies die Sami verlangen, will sie jedoch nichts wissen.

Sami verlieren die Geduld

In den Wandelhallen des norwegischen Parlamentes und auf den Strassen im Zentrum von Oslo sind in diesen Tagen ungewöhnliche viele samische Gesänge, sogenannte Joiks, zu hören: Hunderte von vornehmlich jungen Sami protestieren gegenwärtig lauthals gegen die Untätigkeit der norwegischen Regierung in einer Frage, die die Urbevölkerung des Landes seit Jahrzehnten umtreibt: nämlich dass die wichtigen samischen Rentierzuchtgebiete vom norwegischen Staat für die Energiegewinnung in Anspruch genommen werden. 

Die Geduld der Geschädigten schwinde, erklärte die Sami-Sprecherin Ella Marie Hætta Isaksen in dieser Woche: «Die Verletzung unserer Menschenrechte geht jeden Tag weiter. Das muss ein Ende haben. Jetzt!», sagte die samische Vertreterin bei einer Protestaktion vor dem Parlament.

In den Augen des Rechtsexperten Graver spielen die norwegische Regierung und somit die Betreiberfirmen der Fosen-Anlage ein riskantes Spiel. Denn sollten die Sami vor Gericht eine Schliessung und den Abriss der Anlage fordern, ist der Ausgang sehr offen. «In einem Gerichtsprozess hätte der norwegische Staat wohl Mühe, den Weiterbetrieb der Anlage zu verteidigen» schätzt Graver.

Schwieriger Schlichtungsprozess

Nun müssen also die politisch Verantwortlichen und die Besitzer Hand bieten für eine Einigung, mit der die betroffenen Rentierzüchter leben können.  Es zeichnet sich ab, dass wie vor 50 Jahren beim Konflikt um das Wasserkraftwerk in Nordnorwegen weitreichende politische Zugeständnisse an die samische Bevölkerung gemacht werden müssen.

Damals wurde unter anderem die Schaffung eines samischen Parlamentes und die Unterzeichnung der UNO-Konvention zu den Rechten der Indigenen beschlossen. Nun steht eine weitere Stärkung der Rechte der Sami in Norwegen auf der Tagesordnung.

BKW will Beitrag zu konstruktiver Lösung leisten

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Schon 2018 stand ein Rentier vor dem Hauptsitz der BKW in Bern, mit dem Windpark-Gegner auf die indigenen Sami aufmerksam machten. Denn der Berner Energiekonzern hält am Fosen-Windpark indirekt über Nordic Wind Power einen Anteil von 11 Prozent. Laut Medienberichten investierte die BKW 100 Millionen Franken. Ein Rückbau oder die Stilllegung der Windturbinen wären ein grosser Verlust.

Mit diesem Szenario rechnet die BWK auch nach den jüngsten Protesten nicht. Gemäss Urteil sei es nur um die Frage der Entschädigung gegangen, sagt BKW-Sprecher Tobias Habegger. Norwegen müsse nun eine Lösung finden, wie die Rechte der Sami besser gewahrt werden könnten. Die BKW werde ihren Beitrag an eine konstruktive Lösung leisten.

Da die BKW nur mit 11 Prozent beteiligt sei, könnten keine weiteren Angaben gemacht werden, so Habegger. Dem widerspricht Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz: Nicht die Höhe der Beteiligung sei massgeblich, sondern das konkrete Investment: «Es kann durchaus sein, dass eine Publikumsgesellschaft selbst bei einer kleinen Minderheitsbeteiligung die Öffentlichkeit orientieren muss, wenn es um möglicherweise kursrelevante Entwicklungen geht.»

Matthias Baumer, Regi BE

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Info3, 27.10.2023, 12 Uhr

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