800 Milliarden Euro für die europäische Rüstung. Das ist der Plan der EU-Kommission. Anfang März von Ursula von der Leyen angekündigt und nur wenige Tage später von den Staat- und Regierungschefs der EU abgesegnet. In einer für EU-Verhältnisse atemberaubenden Geschwindigkeit stellte die Gruppe der 27 Staaten die Weichen in der europäischen Rüstungspolitik neu.
Ein zentraler Bestandteil des Plans ist die Lockerung der EU-Schuldenregeln. Staaten, die ihre Verteidigungsbudgets erhöhen, erhalten dafür Ausnahmen von den EU-Schuldenregeln. 650 Milliarden Euro würde die EU-Kommission so gerne für den europäischen Aufrüstungsplan mobilisieren. Sie müssen dafür nur eine sogenannte Ausweichklausel beantragen. Die EU-Kommission hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie alle bisher eingereichten nationalen Gesuche zur Genehmigung empfiehlt.
Nur 16 Staaten wollen Spielraum nutzen
Der Haken: Bisher haben nur 16 von 27 EU-Staaten diese Ausweichklausel von den Schuldenregeln beantragt. Elf Mitgliedstaaten haben bisher keinen Bedarf angemeldet. Darunter EU-Schwergewichte wie Frankreich, Italien oder Spanien.
Das Problem dieser Staaten: Sie sind bereits hoch verschuldet. Weitere Schulden könnten ihre Kreditwürdigkeit infrage stellen. Für höhere Rüstungsausgaben müssten sie in anderen Bereichen sparen. Und so könnten zum einen nationale Budgetdiskussionen die gesamt-europäischen Pläne deutlich bremsen.
Zum andern drängen Staaten wie Frankreich oder Italien auf andere Optionen: Mehr Geld für die Rüstung aus Darlehen, die über das EU-Budget abgesichert sind oder gar die Aufnahme gemeinsamer EU-Schulden für die europäische Aufrüstung. Vor allem letzteres ist politisch höchst umstritten. Eine schnell realisierbare Lösung zur Finanzierung der europäischen Aufrüstung wären neue EU-Schulden deshalb kaum.
Verteidigung ist nationale Angelegenheit
Der EU-Kommission führt all das eine europapolitische Binsenwahrheit vor Augen: Verteidigung ist Sache der einzelnen Staaten. Ziehen die Regierungen in wichtigen Hauptstädten wie Rom, Paris oder Madrid nicht mit – so wie zurzeit – dann sind alle Rüstungsankündigungen aus Brüssel nicht viel wert und der 800-Milliarden-Aufrüstungsplan könnte sich als Luftschloss entpuppen.