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«Zustände wie in der 3. Welt» Lädierter Gesundheitsdienst treibt Briten auf die Strasse

  • Tausende Briten demonstrierten am Samtag gegen missliche Zustände im staatlichen Gesundheitssystem (National Health Service NHS).
  • Zehntausende Arbeitsplätze von Schwestern und Pflegern sind derzeit nicht besetzt.
  • Verschärft hat sich die Krise in diesem Winter durch einen schweren Grippe-Ausbruch.

Grossbritanniens Gesundheitssystem gibt vielen Bürgern grossen Anlass zur Sorge. Bei leiser Kritik am schlechten Zustand des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS wollen sie es allerdings nicht mehr belassen.

Tausende gingen deshalb am Samstag aus Protest auf die Strassen der Metropole London. Sie forderten die Regierung auf, dem NHS mehr Geld zur Verfügung zu stellen und den Einfluss des Privatsektors einzuschränken.

Furcht vor US-Vorbild

Jüngsten Untersuchungen zufolge steckt der Gesundheitsdienst auf der Insel nämlich in einer schweren Krise: Das Königliche College für Krankenpflege beziffert die Zahl der aktuell unbesetzten Plätze für Krankenschwestern und -pfleger auf etwa 40'000. Gleichzeitig würden deutlich mehr Schwestern und Pfleger ihren Job verlassen als neue hinzu kommen.

Auf Schildern der Demonstranten in London waren denn auch eindeutige Parolen zu lesen: Der «NHS steht nicht zum Verkauf» oder «Hände weg von unserem NHS». Nicht wenige Teilnehmer der Kundgebung befürchten, dass der kostenlose Gesundheitsdienst langfristig nach US-Vorbild umgebaut werden könnte - also Patienten künftig für die Kosten selbst aufkommen müssen.

«Warnung vor Zuständen wie in der Dritten Welt»

Im Demonstrationszug marschierte die Spital-Lobbyistin Tamsyn Bacchus mit und brachte eine täuschend echte Kopie eines lebensgrossen Geiers auf einem zerfetzten NHS-Schild mit zur Kundgebung. «Wenn dein Kind hohes Fieber hat, du ins Spital musst oder einen Arzt brauchst, dann solltest du Hilfe bekommen, ohne dich um die Kosten sorgen zu müssen», erläuterte sie.

Verschärft hat sich die Krise des NHS in diesem Winter durch einen schweren Grippe-Ausbruch. Nicht zuletzt wegen der angespannten Situation in vielen Spitälern in den vergangenen Wochen sind zahlreiche Ärzte neuen Berichten zufolge dazu übergegangen, sich in sozialen Netzwerken bei ihren Patienten zu entschuldigen. Ein Notaufnahmearzt aus Zentralengland warnte bereits vor «Zuständen wie in der Dritten Welt».

«Folge eines jahrelangen Sparprogramms»

«Der chronisch schlechte Zustand des britischen Gesundheitssystems ist fast wöchentlich ein Thema in den Zeitungen», berichtet SRF-Korrespondentin Henriette Engbersen.

Und die Grippewelle im Winter bringe «das Fass zum überlaufen». Trotz versprochener Finanzspritzen werde dieses Problem so rasch nicht zu lösen sein. Es sei, so resümmiert SRF-Korrespondentin Engbersen, «die Folge eines jahrelangen Sparprogramms».

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