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Zwei Jahre Krieg Darum erreicht die Gewalt nun Port Sudan

Seit zwei Jahren herrscht im Sudan ein erbitterter Machtkampf zwischen der Regierungsarmee und den paramilitärischen RSF-Milizen. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Unzählige kamen ums Leben – die humanitäre Lage ist dramatisch.

Am Sonntagmorgen nun griffen RSF-Milizen überraschend den Flughafen von Port Sudan mit Drohnen an. Die Attacke hat Signalwirkung – denn die Stadt an der Ostküste galt bisher als einer der letzten sicheren Orte des Landes. SRF-Journalistin Cristina Karrer ist vor Ort und ordnet ein.

Cristina Karrer

Freie Afrika-Korrespondentin

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Cristina Karrer ist freie SRF-Afrikakorrespondentin, Dokumentarfilmerin und Buchautorin. Sie hat an der Universität Zürich Geografie und Sozialgeschichte studiert. Seit 20 Jahren lebt Cristina Karrer in Johannesburg und berichtet aus verschiedenen Ländern des Subsahara-Afrikas.

Wie ist die Situation vor Ort?

Die Situation in Port Sudan wirkt überraschend ruhig: Menschen kaufen auf dem Markt ein, Kinder besuchen die Schule – fast so, als wäre nichts geschehen. Viele der hierher Vertriebenen sind sich Krieg gewohnt, sie geraten bei Detonationen nicht mehr so rasch in Panik. Doch heute Morgen kurz vor fünf waren zwei Explosionen und Maschinengewehrfeuer zu hören. Über dem Flughafen war eine dichte, schwarze Rauchwolke zu sehen – ein ungewohntes Bild, denn Port Sudan galt bisher als sichere Stadt. Inzwischen sind alle Flüge gestrichen.

Warum nehmen die RSF-Milizen die Küstenstadt ins Visier?

Der heutige Drohnenangriff in Port Sudan ist Teil eines Vergeltungsschlags der RSF gegen die sudanesische Armee, die zuvor selbst RSF-kontrollierte Flughäfen mit Drohnen attackiert hatte. Gleichzeitig zeigt sich darin eine neue Strategie der RSF: die gezielte Zerstörung von Infrastruktur mit Drohnen. In Port Sudan funktioniert seit Wochen das Stromnetz nicht mehr, nachdem die RSF ein nahegelegenes Elektrizitätswerk bombardiert hat. Der Angriff heute ist auch ein deutliches Signal an die Regierung, die sich hier bislang in Sicherheit wähnte – Port Sudan ist seit Ausbruch des Krieges noch nie angegriffen worden.

Ärmliche Flüchtlingszelte.
Legende: Nach Port Sudan sind viele Vertriebene geflüchtet. REUTERS/Ibrahim Mohammed Ishak

Was sagt der Angriff über den weiteren Verlauf des Krieges?

Bisher galt die sudanesische Regierungsarmee als überlegen – sie kontrolliert seit einer Weile Khartum und den Präsidentenpalast. Doch die jüngsten Drohnenangriffe der RSF offenbaren Schwächen im Verteidigungssystem der Armee. Das verändert womöglich das Kräfteverhältnis am Verhandlungstisch – es könnte der RSF mehr Gewicht verleihen. Es handelt sich also weniger um eine Eskalation als um den Beginn einer neuen Kriegsphase.

Warum ist Port Sudan so wichtig?

Die Stadt ist die einzige Nabelschnur zur Aussenwelt. Weitere Angriffe wären für Port Sudan dramatisch. Die Stadt am Roten Meer ist bislang der einzige sichere Ort im Land, Anlaufstelle für Geflüchtete und Standort der humanitären Organisationen. Hier landen Flugzeuge, von hier aus wird die Versorgung koordiniert. Sollte Port Sudan ernsthaft bedroht werden, stünde die humanitäre Infrastruktur des ganzen Landes auf dem Spiel.

Soldaten in Tarnkleidung gehen an zerstörtem Fahrzeug und Gebäude vorbei.
Legende: Die sudanesische Hauptstadt Khartum ist vom Krieg gezeichnet, Soldaten der Armee passieren am 25. März beschädigte Häuser und ausgebrannte Autos. Die Stadt Port Sudan hingegen war bisher nicht direkt vom Krieg betroffen. Reuters/Stringer

Echo der Zeit, 4.5.2025, 18:00 Uhr ; 

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