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Zweiter Jahrestag des Sturms aufs US-Kapitol
Aus Tagesschau vom 06.01.2023.
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Zwei Jahre nach Kapitol-Sturm Die Suche nach militanten Trump-Anhängern geht weiter

Freiwillige Open-Source-Ermittler machen mit bei der grössten Ermittlungsaktion der US-Geschichte. Einer von ihnen erzählt.

Die Bilder vom 6. Januar 2021 sind erschreckend. Trump-Anhänger stürmen das Parlamentsgebäude. Manche greifen Polizisten an, schlagen Scheiben ein, dringen ins Kapitol ein. Es gibt Tote. Forrest Rogers reagiert schnell, als er diese Bilder sieht. «Als ich am 7. Januar aufwachte, realisierte ich das Ausmass der Zerstörung und was für eine gigantische Arbeit es sein würde, diese vielen Täter zu identifizieren.»

Trump-Anhänger beim Versuch, in das Kapitol zu gelangen
Legende: Vor genau zwei Jahren stürmte in Washington ein Mob aus Trump-Anhängern das Kapitol. Sie wollten verhindern, dass im Parlament das offizielle Resultat der Präsidentschaftswahl von 2020 bestätigt wurde. Keystone / AP, John Minchillo

Rogers war überzeugt, dass er mit seinen Fähigkeiten helfen kann. «Viele haben sich selbst und andere vor und im Kapitol gefilmt und die Videos auf sozialen Medien geteilt. Ich habe am 7. Januar damit begonnen, das Internet nach diesen Videos zu durchsuchen und sie zu sichern.»

Sisyphusarbeit im Internet

Rogers ist investigativer Journalist, spezialisiert auf Open-Source-Recherchen. Er versteht sich also darauf, öffentlich verfügbare Daten im Internet zu finden und auszuwerten. Fotos und Videos auf sozialen Medien etwa. Er und viele andere aus dieser sogenannten Osint-Szene finden nach dem 6. Januar zusammen.

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USA: Die Suche nach den Kapitol-Stürmern
aus Rendez-vous vom 06.01.2023. Bild: AP Photo/John Minchillo
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Fast obsessiv analysieren die Osint-Ermittler eine enorme Masse an Bildmaterial. Sie konzentrieren sich auf jene, die am 6. Januar Gewalt anwendeten oder ins Kapitol eindrangen. Wen sie eindeutig identifizieren, melden sie an die Bundespolizei, das FBI.

Die Suche nach der Frau mit der pinken Mütze

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Legende: Trump-Anhänger vor dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Keystone/AP/John Minchillo

Rodgers nennt als Beispiel der Osint-Recherchen eine Frau, die ins Kapitol eindrang und die man zuerst fälschlicherweise für eine Anführerin hielt. «Sie trug eine pinke Mütze», erinnert sich der Investigativ-Journalist. «Wir haben viele Stunden Video abgesucht. Sobald wir die Mütze sahen, stoppten wir. So fanden wir andere Hinweise: Sie hatte eine spezielle Jacke, eine spezielle iPhone-Hülle. Damit erstellten wir ein Profil von ihr und fanden Videos von früheren politischen Kundgebungen, auf denen sie zu sehen war – und in denen sie ihren Vornamen und ihren Wohnort nannte.»

Das führte zu einem Resultat: Die Osint-Ermittler fanden ein Bild in den Lokalmedien. Es zeigte die Frau an einer Veranstaltung in ihrem Wohnort im Bundesstaat Pennsylvania. Die Bildunterschrift verriet ihren gesamten Namen. Die Frau mit der pinken Mütze war identifiziert. Später wurde sie verhaftet.

Rogers ist in der ersten Phase nach dem 6. Januar eine prominente, sehr aktive Figur in dieser Osint-Szene. Er identifiziert einen Mann, der am 6. Januar einen Polizisten mit einem Elektroschocker angriff. Und er kann nachweisen, dass ein anderer Polizist mehrfach angegriffen und verletzt wurde. Das führte dazu, dass dieser sich später das Leben nahm.

Osint-Ermittler unterstützen das FBI

Heute arbeitet der deutsch-amerikanische Journalist für die «Neue Zürcher Zeitung». Andere Osint-Ermittler würden aber bis heute weitersuchen. Rogers bewundert sie: «Das ist alles Freiwilligenarbeit. Manche wenden auch nach zwei Jahren ihre Ressourcen auf, um Personen zu identifizieren.»

Trump-Anhänger klettern auf die Brüstung des Kapitols
Legende: Fast 1000 Personen wurden seit dem 6. Januar 2021 verhaftet, weil sie beim Sturm aufs Kapitol dabei waren. Es ist die grösste Ermittlungsaktion in der US-Geschichte. Keystone / AP, José Luis Magana

Die Szene der Osint-Ermittler habe hunderte, wenn nicht tausende Personen identifiziert, die am Sturm aufs Kapitol teilnahmen. Viele wurden verhaftet. Doch die Fülle an Hinweisen habe die Justiz an ihre Grenzen gebracht, sagt Rogers.

Präsident Biden ehrt Polizisten für Einsatz

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Am zweiten Jahrestag der Attacke auf das US-Kapitol hat Präsident Joe Biden mehrere Polizisten für ihren Einsatz an jenem Tag geehrt. Biden verlieh etlichen Polizeibeamten im Weissen Haus zum ersten Mal in seiner Präsidentschaft die sogenannte Bürgermedaille als Anerkennung dafür, wie diese am 6. Januar 2021 den Kongresssitz gegen einen gewaltsamen Mob verteidigt hatten. Der Präsident zeichnete auch andere Bürgerinnen und Bürger aus, etwa Wahlhelfer, die inmitten der Turbulenzen um die damalige Präsidentenwahl eingeschüchtert und bedroht worden waren.

Biden erinnerte an den beispiellosen Gewaltausbruch vor zwei Jahren. «Das US-Kapitol wurde gestürmt, was in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika noch nie zuvor geschehen war, nicht einmal während des Bürgerkrieges», sagte er. «All das wurde befeuert durch Lügen über die Wahl 2020.» Mit Blick auf die Geehrten sagte er, die Geschichte werde sich an ihre Namen, ihren Mut und ihr aussergewöhnliches Engagement erinnern.

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Sturm auf US-Kaptol jährt sich zum zweiten Mal – US-Kongress ist politisch blockiert
Aus 10 vor 10 vom 06.01.2023.
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Die Osint-Szene habe etwa einen Mann identifiziert, der bis heute auf freiem Fuss sei. «Wir wissen seit März 2021, wer er ist – mit tausendprozentiger Sicherheit. Er war gewalttätig. Er hat einen Pressefotografen geschlagen und Anti-Bären-Spray gegen Polizisten eingesetzt. Er ist in seiner Gemeinde bekannt, er ist dort auch hochgeachtet.» Rogers ist irritiert darüber, dass der Mann eineinhalb Jahre nach dem 6. Januar 2021 immer noch Ferienfotos auf Facebook oder Fotos von der Hochzeit des Sohnes posten konnte.

Hier liegt die Grenze der Osint-Arbeit: Die Szene kann ermitteln, Personen identifizieren. Am Ende muss aber die Polizei handeln. Rogers kann nur hoffen, dass die Bundespolizei auch bald vor der Tür dieses längst identifizierten Mannes steht.

Rendez-vous, 06.01.2023, 12:30 Uhr

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