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Polizisten bei einem Einsatz vor dem St.-Jakob-Park.
Legende: Polizisten bei einem Einsatz vor dem St.-Jakob-Park. Keystone

Krawalle im St. Jakob Fataler Einsatz von Gummischrot nach FCB-Spiel

Der Blick in die Akten der Staatsanwaltschaft zeigt erstmals, wie es zum Treffer kam, bei dem ein Unbeteiligter das Augenlicht verlor.

  • Nach dem Spiel FC Basel-FC Zürich kam es im April 2016 zu schweren Ausschreitungen, bei denen Polizisten verletzt wurden
  • Verletzt wurde auch ein Fan, der von einem Gummigeschoss im rechten Auge getroffen wurde, er hat sein Augenlicht verloren
  • Das Verfahren gegen den Polizisten, der das Geschoss abfeuerte, wurde eingestellt
  • Grund für die Einstellung des Verfahrens: Der Polizist habe in einer Notsituation gehandelt

Das «Regionaljournal Basel» von Radio SRF erhielt Einblick in die Akten der Basler Staatsanwaltschaft. Aus den Akten ist ersichtlich, dass eine tragische Geschichte hinter dem Fall steckt:

Polizisten und Chaoten auf Plattform
Legende: Bei den massiven Krawallen auf der Plattform hinter der Muttenzerkurve gab es mehrere Verletzte. SRF

Ein 27-jähriger Mann, ein Sanitärinstallateur mit eigenem Geschäft, besuchte mit Kollegen den Match FC Basel gegen FC Zürich. Der Mann sei ein ganz normaler Fan, «ein friedlicher Matchbesucher», wie es in den Akten der Staatsanwaltschaft heisst. Nach dem Spiel wollte er noch etwas trinken, verlor im Trubel seine Kollegen und wurde - als Unbeteiligter - von Gummischrot im Auge getroffen.

Die Verletzung war so schlimm, dass er sein Augenlicht verlor. Später klagte das Opfer gegen den Polizisten, der das Gummigeschoss abgefeuert hatte. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch ein. Details zu diesem Verfahren waren bislang nicht bekannt.

In den Akten wird der Ablauf des Polizeieinsatzes detailliert geschildert. Nach dem Spiel erhielt der Polizist, der später das Gummigeschoss einsetzte, den Auftrag, sich zusammen mit seinen Kollegen auf die Eventplattform zu begeben - das ist eine grosse Terrasse ausserhalb des Stadions, direkt hinter der Muttenzerkurve.

Polizist hatte Angst

Als die Polizisten sich auf der Treppe zur Plattform befanden, wurden sie von einem Mob angegriffen - mit Pyros, Flaschen und Bierdosen. Ein Polizist wurde brutal die Treppe hinunter gestossen. Dies zeigen Videoaufnahmen von Überwachungskameras. Die Polizisten hätten Angst bekommen, steht in den Unterlagen der Staatsanwaltschaft.

Jener Polizist, der im Mittelpunkt des Falls steht, habe schliesslich Gummischrot eingesetzt, um sich und seine Kollegen zu schützen. Er schoss von der Treppe aus Richtung Plattform. Dabei habe er auf die Kante der Treppe gezielt, um möglichst niemanden zu verletzen. Dennoch kam es zum fatalen Treffer.

Polizist handelte im Notstand
Autor: Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

Die Staatsanwaltschaft untersuchte, ob der Polizist etwas falsch gemacht hat. Konkret: Ob der Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt sein könnte. Gegen den Polizisten sprach, dass er aus ungefähr acht Metern auf Menschen zielte - die Dienstvorschrift der Polizei schreibt mindestens 20 Meter Abstand vor.

Dennoch kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass dem Polizisten keine Fehler vorgeworfen werden könnten. Er habe in einem Notstand gehandelt. Er und seine Kollegen seien an Leib und Leben bedroht gewesen. In einer solch ausweglosen Situation habe er Gummischrot zur Verteidigung gebraucht. Die Wahrscheinlichkeit, damit Unbeteiligte zu treffen, sei verschwindend klein gewesen. Der Polizist habe also verhältnismässig gehandelt. Darum wurde das Verfahren eingestellt.

Das ändert jedoch nichts daran, dass genau das, was die Staatsanwaltschaft als unwahrscheinlich beschreibt, eingetroffen ist. Ein friedlicher FCB-Fan, der zufälligerweise in der Nähe von Randalierern stand, verlor sein Augenlicht.

Der Fall liegt nun bei den Akten. Das Opfer hat den Entscheid der Staatsanwaltschaft nicht angefochten.

Nach den Krawallen gab es bereits eine Verurteilung gegen einen der beteiligten Randalierer. Ein weiterer Prozess vor dem Basler Strafgericht steht noch aus.

(Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr)

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