Zum Inhalt springen

Kultur im Aargau Das Kuratorium als Kind der Umbruchszeit in den 60er-Jahren

Die Kultur zu fördern ist (auch) Aufgabe der öffentlichen Hand – darüber herrscht in der Schweiz Konses. Wie man die Kulturförderung aber ausgestaltet, das ist in jedem Kanton anders geregelt. Vor 50 Jahre schlug der Aargau mit dem neuen Kulturgesetz einen Sonderweg ein. Er schuf das Kuratorium, ein Fachgremium, das in eigener Kompetenz Steuergelder verteilen kann. Präsident ist Rolf Keller.

Rolf Keller

Präsident Aargauer Kuratorium

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Rolf Keller hat Anglistik studiert und den Doktortitel erworben. Er baute an der Universität Basel das Studienangebot Kulturmanagement auf. Seit 2012 ist Rolf Keller Präsident des Aargauer Kuratoriums. Gewählt hat ihn der Regierungsrat. Rolf Keller wohnt in Aarau.

(Bild: Daniel Desborough)

Aargauer Kuratorium

SRF: Warum hat sich eigentlich der Aargau in einer Volksabstimmung Ende 1968 für ein neues Kulturgesetz entschieden?

Rolf Keller: Es war eine Zeit mit einem riesigen Fortschrittsglauben. Sehr viele technische Erfindungen prägten diese Zeit. In der Politik entstand der Eindruck, die geistige Dimension würde nach und nach vernachlässigt. Das war eine wichtige Triebfeder. Der andere Aspekt war, dass der Bund immer aktiver wurde, auch in der Kulturpolitik. Die Kantone erwachten dann und sagten, Kulturförderung sei ihre Sache, diese müsse nahe bei den Menschen stattfinden.

Der Aargau war damals ja nicht der einzige Kanton, der sich ein neues Kulturgesetz gab. Das machten auch andere Kantone. Aber mit dem Kuratorium, so heisst es immer, habe der Aargau etwas Einzigartiges geschaffen. Was ist denn so einzigartig daran?

Es ist ein Gremium, das vom Staat gewählt wird und das sein Budget vom Staat erhält. Aber abgesehen davon entscheidet das Kuratorium abschliessend über Gesuche. Es ist nicht, wie in anderen Kantonen, eine Kommission, die einen Antrag an die Regierung stellt, sondern wir entscheiden eben abschliessend, unabhängig von Politik und Verwaltung.

Sie verteilen also Geld, rund 6 Millionen Franke pro Jahr. Allerdings gibt der Aargau gegen 60 Millionen Franken pro Jahr für die Kultur aus. Der Anteil des Kuratoriums ist also klein. Warum macht man dann so ein Aufhebens um das Kuratorium?

Rein von den Zahlen her gesehen ist es wirklich nur ein kleiner Teil. Aber wir fördern eben sehr viele Einzelpersonen und einzelne Institutionen. Unser Geld fliesst in deren Programme und nicht in Museen oder Archive.

Ihr Auftrag lautet, herausragende Werke zu unterstützen. Es gibt aber immer wieder Kritik an ihrer Vergabepolitik. Sie geben oft kleine Beträge. Man könnte kritisieren, dass damit ebe keine herausragenden Werke möglich sind. Geben sie möglichst vielen Antragsstellern ein bisschen Geld, damit möglichst viele ein bisschen glücklich sind?

Das ist ein bisschen plakativ gesagt. Es sind ja nicht alle zufrieden. Wir erhalten ca. 700 Gesuche pro Jahr. Nur 60 Prozent davon erhalten Geld. Die Qualität von Kultur zu beurteilen, ist nicht immer einfach. Bei einem Auto kann man sich objektiv darüber unterhalten, ob man mit 300 PS nun schneller fahren kann oder nicht. Bei der Kultur spielen auch immer persönliche und subjektive Urteile hinein.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft, nicht 6 Millionen zum Verteilen, sondern vielleicht 30 Millionen?

Wir verharren seit etlichen Jahren bei 6 Millionen Franken. Das gab es vorher nie in der Geschichte des Kuratoriums. Eigentlich wurde uns das Geld sogar gekürzt. Nur dank Geld aus dem Swisslos-Fonds sind wir wieder bei 6 Millionen. Es ist beunruhigend, dass sich der Staat aus einer Aufgabe verabschiedet, die er sich selber gegeben hat, nämlich die Kultur zu fördern. Wenn wir mehr Ressourcen hätten, könnten wir nicht nur reaktiv tätig sein, sondern wir könnten auch eigene Initiativen lancieren. Das ist noch viel Potenzial nach oben.

Das Gespräch führte Stefan Ulrich

Meistgelesene Artikel