Mit dem Gewinn einer Gold- und einer Silbermedaille an den Olympischen Spielen in Pyeongchang verblüffte der Oberwalliser im Februar 2018 alle. Kurz darauf schaffte es der Zweimetermann in Kranjska Gora auch in einem Weltcup-Slalom erstmals aufs Podest, und später in Stockholm stand er zum ersten Mal zuoberst auf dem Treppchen. Nebenbei rührte Ramon Zenhäusern die Werbetrommel für «Sion 2026» – und absolvierte einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften.
SRF News: In diesem Jahr konnten Sie sich sportlich erstmals so richtig beweisen. Wie hat sich das angefühlt?
Ramon Zenhäusern: Sehr gut. Endlich konnte ich meine Leistungen aus dem Training ins Rennen transportieren. Das war ein tolles Gefühl. Unbeschreiblich.
Wenn ich das Jahr 2018 Revue passieren lasse, kann ich kaum glauben, was alles passiert ist. Es war ein birrenweiches Jahr. Ich habe mehr erlebt, als in den gesamten 25 Jahren zuvor .
Welcher Moment war für Sie der entscheidende, um vom Platzfahrer zum Podestfahrer zu werden?
Das war ganz klar der vierte Rang im Januar in Wengen. Dort konnte ich erstmals zeigen, was ich wirklich drauf habe. Es war eine innerliche Genugtuung. Ich habe sogar meine Stöcke vor Freude in den Zielraum geworfen. Ich konnte es kaum glauben.
Die Erwartungen an Sie waren von da an hoch. Vor und nach den Trainings und Rennen haben Sie zudem für die Uni gebüffelt. Wie sind Sie mit dem Erfolg und dem Stress umgegangen?
In diesem Jahr gab es kaum einen ruhigen Tag. Ein Highlight jagte das nächste. Zwei- bis dreimal kam es vor, dass mir alles zu viel wurde. Ich konnte mich gar nicht mehr erholen und so ist auch die Verletzungsgefahr grösser.
Zwei- bis dreimal kam es vor, dass mir alles zu viel wurde.
Ich habe mir deshalb den gesamten Juli freigenommen, bin quasi untergetaucht. Nun bin ich aber froh, dass ich den Bachelor im Sack habe und so seit Kurzem offiziell ein Skiprofi bin.
Neben sportlichen Premieren gab es in diesem Jahr auch eine politische. Wie haben sie die Zeit erlebt, als Sie für Sion 2026 als Botschafter unterwegs waren?
Das war ein witziger Einblick in die Politik. Über einige Wochen hinweg hatte ich das Gefühl, dass ich jetzt eher Politiker als Skirennfahrer bin. Es war aber eine sehr spannende Zeit. Ich habe sogar meine Bachelorarbeit über die Olympischen Spiele verfasst.
Was haben Sie gelernt über den Olympischen Gedanken?
Das Vertrauen ins IOC muss noch gestärkt werden. Bis wir dem Komitee nicht mehr misstrauen, wird es keine Olympischen Spiele in der Schweiz geben. Wir waren einfach noch nicht bereit für so einen Grossanlass.
Sie persönlich wären aber sportlich bereit gewesen. Ihre Erfolgssträhne wollen Sie auch in Zukunft weiter fortsetzen. Leider machte Ihnen nun eine Verletzung am Daumen einen Strich durch die Rechnung. Wie geht es nun weiter?
Das wird sich zeigen. Ich muss mich jetzt erholen, die Verletzung muss abschwellen und dann schauen wir weiter. Mir wurde durch die Daumenoperation quasi eine kleine Zwangspause verschrieben.
Das ist komisch, da normalerweise nun viel laufen würde. Aber vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht. Dann kann ich mal das ganze «birrenweiche» Jahr etwas verarbeiten.
Das Gespräch führte Anna-Lisa Achtermann.