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Wie wäre ein Internet ohne Cookies und Werbung?
Aus Audio Aktuell SRF 3 vom 23.10.2024. Bild: imago images
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Online-Werbung Wie das Internet mit Werbung geflutet wurde

Werbung ist heute ein Milliardengeschäft und bestimmt, wie das Internet funktioniert: Überall wird um Klicks gebuhlt und unsere Aufmerksamkeit gefesselt, währenddessen werden wir ständig überwacht und analysiert. Wie kam es eigentlich dazu?

1991 wurde das Internet öffentlich verfügbar – damals glaubten viele nicht, dass es eine Zukunft hat.

Zu Beginn war das Internet hauptsächlich etwas, was das Militär und die Unis zur Kommunikation miteinander brauchten. Als die Computer Anfang der 90er-Jahre langsam in die Haushalte kamen, nutzten vor allem idealistische Nerds das Internet: Alle Information sollte frei verfügbar sein, alles sollte öffentlich geteilt werden. Das klingt gut, damit lässt sich aber kein Geld verdienen.

Entsprechend interessierten sich Geschäftsleute und Investoren nicht für diese Technologie – bis sich eines Tages im Jahr 1994 alles änderte.

Das erste Pop-up

Ethan Zuckerman war für eine kleine Internetseite zuständig, die sich mittels Werbung über Wasser hielt. Eines Tages beschwerte sich ein Kunde, dass seine Anzeige über einem Artikel erschienen war, bei dem es um Analsex ging.

Zuckerman dachte sich einen Weg aus, Werbung anzuzeigen, ohne sie in die Internetseite zu integrieren: Was, wenn ein neues Fenster aufging, in dem nur die Werbung stand? Das Pop-up war geboren.

«Es tut mir sehr leid»

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Legende: IMAGO / ZUMA Press Wire

Ethan Zuckerman hat sich schon mehrfach öffentlich entschuldigt für das «schreckliche Ding», das er auf die Menschheit losgelassen habe.

Damit meint er nicht nur, dass Pop-up-Werbung extrem nervig ist. Am meisten Leid täten ihm die Folgen seiner Erfindung: dass die Online-Werbung nämlich ein nie dagewesenes Ausmass an Überwachung ermöglicht und normalisiert habe.

Heute ist Zuckerman Professor und Aktivist: Er hat das «Institute for Digital Public Infrastructure» gegründet, wo an Alternativen zum kommerzialisierten Internet geforscht wird.

Die Technik verbreitete sich rasend schnell im ganzen Internet und ermöglichte es den Betreibern von Internetseiten plötzlich, viel einfacher und effektiver Werbung zu schalten.

Viele sehen dies als den Schlüsselmoment, der Online-Werbung zum attraktiven Finanzierungsmodell machte.

Personalisierte Werbung

Ein weiterer Wendepunkt kam 1999.

Eine Werbefirma namens «DoubleClick» kam auf die Idee, Cookies – eine bis dahin neutrale Technologie, die dazu diente, technische Einstellungen zu speichern – einzusetzen, um Leute zu tracken.

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Statt technischer Daten speicherten sie, welche Internetseiten die Nutzenden besucht hatten und was sie dort gemacht hatten, und nutzten diese Information, um ihnen gezielt Werbung anzuzeigen.

Die personalisierte Werbung war geboren.

Aufmerksamkeit als Ware

Werbung wurde zum Millionen- und dann zum Milliardengeschäft. Bei seiner Gründung meinte Google, mit Werbung maximal 15 Prozent seiner Einnahmen bestreiten zu können. 2008, als sie «DoubleClick» kauften, überstiegen Googles Werbeeinnahmen bereits 21 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Werbung war nicht mehr nur etwas, womit man Geld machen konnte, sondern etwas, womit man richtig reich wurde. Entsprechend wurde in «Ad-Technology» investiert.

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Heute wird Werbung über automatisierte Marktplätze gehandelt. Sobald wir eine Internetseite öffnen, geht eine Auktion los. Die Werbeplätze auf der Seite werden an den Meistbietenden versteigert, basierend auf den Informationen, die über uns gesammelt wurden: Je nachdem wird uns dann Werbung für Parfum oder für Windeln angezeigt. Genau genommen werden also nicht Werbeplätze versteigert, sondern wir – unsere Aufmerksamkeit.

Der Handel mit der Aufmerksamkeit: die «Attention Economy»

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Grosse Teile des Internets haben sich an dieses Geschäftsmodell angepasst. Weil sie mit unserer Aufmerksamkeit Geld verdienen, machen Unternehmen alles, um diese anzuziehen und möglichst lange zu halten. Dazu ist es leider nicht notwendig, uns mit gutem Service zufriedenzustellen – viel lohnender ist es, unsere niederen Instinkte auszunutzen: uns etwa mit einer Schlagzeile wütend zu machen oder das Scrollen auf den sozialen Medien zuerst zur Gewohnheit und dann zur Sucht werden zu lassen.

Die Werbung ist heute so eng mit dem Internet verknüpft, dass sie kaum mehr daraus wegzudenken ist. Es gibt zwar Alternativen, Abomodelle und spendenfinanzierte Dienste etwa, doch die Werbung werden diese wohl so schnell nicht ersetzen können.

Es bleibt uns also nur, die Online-Werbung, respektive die Datensammelkraken, die sie geschaffen hat, besser zu regulieren. Und unsere eigene Verantwortung über unsere Daten besser wahrzunehmen.

Radio SRF 3, 23.10.2024 15:45;kobt

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