2004 ist Google nach Zürich gekommen. Und seit 2004 arbeitet Reto Strobl bei Google in Zürich. Entsprechend tief ist seine Mitarbeiternummer: 1200 – von gut 190'000 Google-Angestellten auf der ganzen Welt.
Als technischer Leiter ist Strobl heute für die Werbung zuständig, die auf Googles Videoplattform Youtube geschaltet wird. Werbung, die sich nach ein paar Sekunden wegklicken lässt. Klingt nach einem schlechten Deal für die Werbetreibenden, doch etwa 40 Prozent der Leute blieben bis zum Schluss dran, sagt Strobl. «Als wir 2010 mit der Werbung angefangen haben, die sich auf Knopfdruck überspringen lässt, waren es erst etwa 17 Prozent.»
Maschine lernt, welche Werbung gut ankommt
Ist Werbung heute also beliebter als früher? Wahrscheinlich ist sie einfach besser gemacht: Die Werbetreibenden haben gelernt, wie Werbung bei Youtube aussehen muss: Wenn man dem Publikum die Möglichkeit gibt, nach fünf Sekunden den Überspring-Knopf zu drücken, dann muss in diesen ersten fünf Sekunden so viel passieren, damit es trotzdem niemand tut.
Der Umstand, dass sich Werbung bei Youtube überspringen lässt, hat deshalb verändert, wie Werbung gemacht wird. Genauso wie der Musikstreamingdienst Spotify (bei dem ein Stream erst gezählt wird, wenn er mindestens 30 Sekunden lang läuft) Einfluss darauf hat, wie Musik heute klingt: Schon am Anfang muss viel passieren – es muss ein Hook her, der die Leute an den Song oder eben die Werbung bindet.
KI kann heute sogar Humor erkennen
Und genau wie Spotify weiss auch Youtube viel über sein Publikum: «Unsere Machine-Learning-Modelle werden mit Daten von Benutzerinteraktionen trainiert und können so bestimmen, welche Werbung am besten wem gezeigt wird», weiss Reto Strobl.
Das «Machine Learning», von dem er da spricht, wird oft auch als «Künstliche Intelligenz» bezeichnet. Und solche KI wird bei Youtube auch an anderer Stelle eingesetzt – etwa um herauszufinden, welche Werbung besonders erfolgreich ist. Dabei kommen auch sogenannte «grosse Sprachmodelle» zum Zug – die KI-Technologie, die auch das Fundament von Chatbots wie ChatGPT bildet.
Reto Strobl ist begeistert von den neuen Möglichkeiten, die sich so auftun: «Diese grossen Sprachmodelle sind unglaublich! Sie können Sachen, die vorher unmöglich gewesen wären – zum Beispiel Humor erkennen.» Noch vor zwei Jahren habe man gesagt, das solle man gar nicht erst versuchen, schliesslich sei Humor eine viel zu spezifische Angelegenheit. «Aber diese Modelle können tatsächlich feststellen, ob etwas humoristisch gemeint ist oder nicht!»
Zukunft: Werbung wird automatisch generiert
Künstliche Intelligenz weiss bei Youtube also nicht nur, welche Werbevideos beim Publikum besonders gut ankommen, sondern auch, was an diesen Videos lustig ist. Wäre es da nicht möglich, dass die KI nach Eingabe einiger Stichworte den Werbetreibenden gleich selbst das Drehbuch für einen Clip schreibt? «Darauf steuern wir definitiv hin», sagt Reto Strobl, «in zehn Jahren ist das sicher so.»
Und sollte KI noch weitere Fortschritte machen, wäre sogar noch mehr möglich. Dann könnte die Maschine gleich auch den Werbeclip an sich generieren: «Das ist ein Ziel, auf das wir hinarbeiten – dass man bloss noch sagen muss ‹Gib mir eine Strandszene mit Palmen und einem verliebten Pärchen, das bei Sonnenuntergang ins Wasser läuft.› Und dann wird das automatisch so gemacht.»
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