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Aus China eingeschleppt Kampf gegen Schlingpflanzenplage im Tessin

Invasive Pflanzen wie der Kudzu bedrohen einheimische Arten. Das Tessiner Forstamt zerrt an der Wurzel des Problems.

Das Tessiner Forstamt hat diesen Sommer den Kampf gegen den Kudzu lanciert. Die Umweltwissenschaftlerin Andrina Rimle ist für den Umgang mit invasiven Pflanzen zuständig, also auch für die Bekämpfung des Kudzu.

Die gebürtige St. Gallerin steht vor einem kleinen Waldstück am Hang über Locarno und erklärt: «Hier haben wir ein sehr grosses Kudzu-Vorkommen, eines der grössten im Tessin. Die grösste Fläche, die er bewächst, ist im Wald. Wir sehen nur noch Kudzu, keine einheimischen Baumarten mehr. Er wächst sehr schnell die Bäume hoch. Alles andere erstickt, das ist das Problem.»

Radikale Ausreissaktion

30 Zentimeter am Tag wächst diese ursprünglich aus China eingeschleppte Pflanze. In den USA gibt es mittlerweile Täler, die vollständig zugewachsen sind. So schlimm soll es im Tessin aber nie werden. Darum soll es dem Kudzu nun an die Wurzeln gehen. Rund 50 Kudzu-Vorkommen gibt es mittlerweile im Kanton.

Rimle vor einem Kudzu-Vorkommen
Legende: Andrina Rimle ist Umweltwissenschaftlerin und arbeitet für das Tessiner Forstamt. SRF

Im Sommer hat das Forstamt an 15 Orten eingegriffen. Andrina Rimle und ihre Kollegen haben tagelang die Wurzeln des Kudzus von Hand ausgerissen. Denn im Wald ist der Einsatz von Chemikalien verboten. «Ich sehe hier eine Liane, ich folge ihr, bis sie die Erde berührt und suche ihren Ursprung. Meistens stosse ich auf ein Knötchen. Dieses muss raus.»

Der Durchmesser eines solchen Wurzelknotens kann bis zu 20 Zentimeter dick werden. Zwei Forstmitarbeiter brauchen eine Stunde, um sie aus dem Boden zu reissen. Heute schafft es Rimle alleine: «Es ist wirklich regelrechte Knochenarbeit, aber es lohnt sich. Wenn man es gründlich macht, kann man ein zweites Mal zu dieser Fläche kommen und es wächst schon viel weniger.»

Vermehrungsfähige Teile müssen weg

Regelmässig geht die Tessiner Forstmitarbeiterin auf Inspektion und überprüft, ob der Kudzu nicht nachgewachsen ist. Sie ist zufrieden, ihre Kollegen haben gute Arbeit geleistet. Die einzigen Zeugnisse, dass hier bis vor kurzem noch viele Kudzu-Schlingpflanzen die Bäume überwuchert haben, sind Jutesäcke, die an den Baumstämmen hängen:

«In diesen Säcken sind alle vermehrungsfähigen Teile der Pflanzen, die im Sommer ausgerissen wurden. Wir haben sie da hineingesteckt, wo sie nun trocknen. So reduziert sich das Gewicht und die Kosten für die Entsorgung sind viel geringer», erklärt Rimle.

Der Kampf gegen diese Schlingpflanze kostet viel Geld. 120'000 Franken hat das kantonale Forstamt in diesem Sommer für die Ausreissaktion aufgewendet. Aktuell klären die Fachleute, wie die Kudzu-Bekämpfung weitergehen und wie viel sie kosten soll.

Illegale Entsorgung von Gartenabfällen

Rimle sagt, die wichtigste Massnahme im Kampf gegen den Kudzu seien nicht Ausreissaktionen. Das Wichtigste wäre die Eigenverantwortung der Menschen, die im Tessin wohnen: «Es ist sehr wichtig, dass invasive Neophyten nicht in einem privaten Garten angepflanzt werden. Und wenn sie schon angepflanzt wurden, dass sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten können.»

Was die Forstmitarbeiterin damit meint: Die Bevölkerung soll aufhören, Gartenabfälle illegal im Wald zu entsorgen. Denn ein Ursprung der Neophyten sind illegale Abfalldeponien.

Deponien werden blitzschnell zum Beispiel von Schlingpflanzen überwuchert, die danach mit Steuergeldern wieder ausgerissen werden müssen.

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