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Grundrechte für Menschenaffen?
Aus Echo der Zeit vom 16.09.2020. Bild: Keystone
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Basler Primaten-Initiative Tierphilosoph: «Es geht auch darum, diese Tiere zu schützen»

Soll ein Schimpanse oder ein Lemur Grundrechte haben wie ein Mensch? Welche Anforderungen muss ein Lebewesen erfüllen, um Grundrechte zu haben? Mit diesen Fragen wird sich der Kanton Basel-Stadt bald intensiv auseinandersetzen. Das Bundesgericht in Lausanne hat entschieden, dass die kantonale Volksinitiative «Grundrechte für Primaten» zur Abstimmung kommt. Der Tierphilosoph Markus Wild unterstützt die Initiative.

Markus Wild

Markus Wild

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Markus Wild ist seit 2013 Professor für Theoretische Philosophie an der Universität Basel. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem Tierphilosophie und Tierethik sowie Philosophie des Geistes.

SRF News: Warum glauben Sie, dass Affen Grundrechte haben müssen?

Markus Wild: Die Affen sind sehr nahe bei uns als Lebewesen, wir sind mit ihnen verwandt. Nach der Wissenschaft gehören wir auch in den Bereich der grossen Menschenaffen. Zu der Verwandtschaft gehört, dass die Affen sehr soziale, sehr intelligente Tiere sind. Sie kennen komplexe Kommunikationsformen und können ihr Leben weniger gut oder weniger schlecht verbringen. Und das bringt sie auch in die Nähe von hoher Schutzwürdigkeit.

Sollen die Menschenrechte auf Primaten ausgeweitet werden?

Nein, es geht um Grundrechte. Das steht auch im Initiativtext drin und ist vom Bundesgericht in der Entscheidung mündlich nochmal betont worden. Es geht um spezielle Rechte für die grossen Menschenaffen. Und da ist vor allem das Recht auf Leben und die Unversehrtheit von Körper und Geist gemeint. Die Menschenrechte sind ja sehr viel umfassender als die beiden Grundrechte, die jetzt zur Debatte stehen.

Schimpansenmutter mit Baby
Legende: Hohe Schutzwürdigkeit: Menschenaffen sind uns sehr nahe und verdienen daher das Recht auf Leben und Unversehrtheit, findet Tierphilosoph Markus Wild. Keystone

Aber es ist ja letztlich nicht möglich, dass ein Affe vor Gericht für seine Rechte einsteht. Wer soll für diese Tiere klagen?

Es ist möglich, dass man eine Ombudsstelle einsetzt oder eine Art Anwalt dafür einführt. Das ist aber auch nichts Ungewöhnliches, dass wir sozusagen eine Fürsprecherrolle haben. Das haben wir auch in anderen Fällen, zum Beispiel bei ganz kleinen Kindern ist das auch der Fall. Nicht alle Menschen, die Rechte haben, können das auch selber einklagen. Sie sind auf Beistand von anderen angewiesen.

Aber mit Kindern ist eine Kommunikation möglich, zudem haben sie eine biologisch logische Vertretung durch Vater und Mutter. Wer kann verlässlich wissen, was ein Affe will?

Es gibt viel Forschung über die Affen und das Wissen über sie wächst sehr stark. Ob man letztlich verlässlich wissen kann, was ein bestimmter Affe oder ein bestimmtes Kleinkind möchte? Das ist vielleicht eine offene Frage. Und gerade bei den Grundrechten, um die es geht, also etwa um den Schutz des Lebens, sind die Kriterien nicht so schwer. Ein toter Affe ist ein toter Affe. Man kann schauen, wie er zu Tode gekommen ist.

Es gibt zahlreiche Anzeichen dafür, ob sich ein solches Lebewesen gut oder schlecht fühlt.

Auch die körperliche Versehrtheit, den Eingriff in die Integrität des Körpers kann man sehr gut feststellen. Ein bisschen schwieriger wird es bei der psychischen Unversehrtheit. Aber auch da: Affen können sich langweilen, sie können auch Verhaltensstörungen entwickeln. Es gibt zahlreiche Anzeichen dafür, ob sich ein solches Lebewesen gut oder schlecht fühlt.

Die Initiative verlangt Grundrechte für Primaten, nicht aber für andere Tiere. Warum sollen Affen oder Lemuren mehr Rechte haben als Hunde und Katzen?

In dieser Initiative geht es erstmal um Tiere, die uns sehr nahe sind. Und das ist ein natürlicher Schritt, zuerst einmal den Kreis zu den Primaten hin auszuweiten. Ausserdem sind einige Primaten sehr stark bedroht. Es geht also auch darum, diese Tiere stark zu schützen. Und Grundrechte sind ein starker Schutz. Diese Tiere werden manchmal auch für Zucht, Reproduktion und Versuche benutzt. Das finden viele Leute in der Bevölkerung unerträglich.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit, 16.9.2020, 18 Uhr;

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