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Coronavirus auf Pouletflügeln «Mit dem Braten oder Kochen sind die Viren definitiv vom Tisch»

In China sind auf gefrorenen Pouletflügeln Coronaviren nachgewiesen worden. Das ergab eine Stichprobe der Gesundheitsbehörden der Stadt Shenzhen im Süden Chinas. Das Fleisch stammt aus Brasilien.

Die Behörden sagen, sie hätten alle Personen, die mit den womöglich kontaminierten Pouletflügeln Kontakt hatten, getestet. Niemand habe sich angesteckt. In der Theorie bestehe das Risiko einer Ansteckung durch kontaminiertes Fleisch, aber es sei sehr gering, sagt Wissenschaftsredaktorin Katharina Bochsler.

Katharina Bochsler

SRF-Wissenschaftsredaktorin

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Katharina Bochsler arbeitet seit 2006 in der SRF-Wissenschaftsredaktion. Sie hat Psychologie und Germanistik studiert. Ihre Spezialgebiete sind Psychologie, Anthropologie, Ethik und Raumfahrt.

SRF News: Wie kommen Coronaviren auf das Fleisch?

Katharina Bochsler: Wenn jemand, der mit Coronaviren infiziert ist, direkt auf das Fleisch niest oder es mit ungewaschenen Händen anfasst. Das kann beim Schlachten sein, aber auch an der Verkaufstheke im Supermarkt oder in der Metzg.

Wie lange überleben Viren auf gefrorenem Fleisch?

Das kommt auf die Oberflächen an. Im nicht lebenden Körper können sie sich nicht halten. Ob Viren überleben, hängt von der Beschaffenheit der Oberfläche – Viren haben es gerne glatt –, von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichtstärke ab. Die Viren sind aber sehr kälteresistent. Coronaviren können sich in gefrorenem Fleisch sehr lange halten. Wenn es bei minus 20 Grad heruntergekühlt ist, halten sie bis zu zwei Jahre und bleiben infektiös – wenn man das Fleisch nicht erhitzt.

Wie gross ist die Gefahr, dass man sich durch kontaminiertes Fleisch ansteckt?

Theoretisch besteht ein Risiko, aber es ist wirklich sehr gering. Nur schon, weil die Viren mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits abgestorben sind, wenn das Fleisch im Laden ausgelegt ist.

Viren brauchen einen lebendigen Wirt, um sich zu vermehren.

Vor allem auch, weil das Fleisch keine glatte Oberfläche ist, welche die Viren sehr lieben. Dazu kommt, dass sich Viren in Lebensmitteln nicht vermehren können. Sie brauchen einen lebendigen Wirt, um sich zu vermehren. Es kann aber natürlich vorkommen, dass ein infizierter Verkäufer hustet oder niest und die Viren dann frisch auf dem Fleisch landen – oder sich ins Gesicht fasst und dann ans Fleisch. Da kann es rein theoretisch zu Schmierinfektionen kommen. Falls auf einem Stück Fleisch doch noch Viren aktiv sein sollten, gibt es immer noch die Hygieneregeln, die wir als Konsumentinnen und Konsumenten buchstäblich in der Hand haben.

Mitarbeiter des Schlachtbetriebs Tönnies
Legende: Niedrige Temperaturen begünstigen Ausbreitung: In der Fleischfabrik Tönnies haben sich hunderte Mitarbeitende mit dem Coronavirus infiziert. Dabei hat laut einer Studie die Belüftungsanlage eine entscheidende Rolle gespielt. Der Ausbruch im Mai ging offenbar auf einen einzigen Mitarbeiter zurück. Keystone

Wie lautet Ihre Einschätzung: War das ein Einzelfall oder müssen wir damit rechnen, dass Fleisch auch sonst kontaminiert sein kann?

Je höher in einem Land die Infektionsrate, je grösser die fleischverarbeitenden Betriebe, wo sich Leute auch gegenseitig anstecken können, desto grösser ist das Risiko, dass auch bei uns kontaminiertes Fleisch in der Küche landet. Aber mit den nötigen Hygieneregeln, mit sauberen Händen und heisser Pfanne, ist die Gefahr wirklich sehr gering. Wegwerfen muss man das Fleisch nicht. Mit dem Braten oder Kochen sind die Viren definitiv vom Tisch. Die Viren haben es nicht gern warm und schon gar nicht heiss. Das ist auch einer der Gründe, weshalb virale Erkrankungen – auch mit Coronaviren – in der warmen Jahreszeit deutlich seltener sind als in der kalten.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

SRF 4 News, 13.8.2020, 10.40 Uhr ; 

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