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Sexuelle Belästigung: Uni Melbourne führt Test ein
Aus SRF 4 News aktuell vom 21.02.2018.
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#MeToo-Debatte in Australien «Ein Test zeigt Studierenden, was geht und was nicht»

Wer an der Universität Melbourne studieren will, muss neu einen Online-Kurs mit anschliessendem Test zum Thema «Einverständnis zum Sex» absolvieren. Die Universität reagiert damit unter anderem auf einen Bericht der australischen Menschenrechtskommission, wonach 2016 jede zweite Studentin in Australien sexuell belästigt worden ist. Dieser Test sei hilfreich, gerade für Studierende aus anderen Kulturen, erläutert SRF-Korrespondent Urs Wälterlin im folgenden Gespräch.

SRF News: Wie sieht dieser Online-Kurs aus?

Urs Wälterlin: Die künftigen Studierenden müssen sich erst ins System einloggen und dort einen Multiple-Choice-Test absolvieren, der zwischen 60 und 90 Minuten dauert. Wer ihn absolviert hat, kann an der Universität Melbourne studieren. Der Test arbeitet in erster Linie mit Comic-Bildern, die Beispiele aus dem Alltag zeigen. Darauf müssen die Studierenden richtig reagieren.

Die Szene auf der Party.
Legende: Im Test müssen angehende Studierende diese Situation korrekt bewerten: Nützt der Mann die Betrunkenheit der Frau aus? Melbourne University

Haben Sie ein Beispiel?

Ein Bild zeigt, wie sich ein Mann und eine Frau an einer Party näher kommen – eine Anmache, ein Flirt also. Die Frau wird immer betrunkener. Im Test geht es darum, die Situation korrekt zu bewerten. Nutzt der Mann diese Situation, um die Frau abzuschleppen – vielleicht für ungewollten Sex? Es geht auch darum, wie die anderen Partybesucher darauf reagieren: Sagen sie etwas oder greifen sie sogar ein?

Der Test zeigt, wenn Mann oder Frau nicht Nein sagen, bedeutet das nicht automatisch Ja.

Der Tests soll darlegen, dass ein klares Nein zu Sex nicht mehr genügt. Es muss ein ausdrückliches Ja sein. Das letzte Bild in dieser Situation zeigt, wie die Frau schlafend im Bett liegt. Der Mann sitzt alleine vor dem Fernseher und spielt mit der Fernbedienung. In einer Sprechblase zeigt er sich enttäuscht darüber, dass sie beide zu betrunken waren. Und er hofft, dass die Frau dann vielleicht morgen interessierter sein wird.

Nach dem Kurs gibt es einen Test. Muss man den bestehen, um zur Universität zugelassen zu werden?

Nein. Man muss einfach die Fragen korrekt beantworten. Aber man kann den Kurs und den Test so oft machen, wie man will. Die Uni will, dass jeder Studierende den Test absolviert hat, bevor das Studium beginnt.

Muss man den Test nicht bestehen, um zur Universität zugelassen zu werden.

Sexuelle Belästigung ist an den australischen Universitäten offenbar ein grosses Problem. Nur dort?

Die Universitäten sind ein Spiegel der Gesellschaft. Auch in der australischen Gesamtbevölkerung sind sexuelle Übergriffe häufig. An den Unis aber kommen mehrere Faktoren zusammen. Viele Menschen leben dort nahe zusammen. Es sind jüngere Menschen, die in der Regel sexuell aktiver als ältere sind. Sie suchen ihre Grenzen und Vorlieben. Das alleine birgt natürlich ein gewisses Potenzial für Konflikte und auch Missverständnisse.

Auch in der australischen Gesamtbevölkerung sind sexuelle Übergriffe häufig.

Womit wir beim nächsten, wichtigen Punkt wären: Australien hat eine hohe Zahl von Gaststudierenden aus anderen Ländern und Kulturen, die vielleicht ein anderes Verhältnis zur Beziehung zwischen den Geschlechtern haben. Gerade in diesen Fällen kann ein solcher Test durchaus helfen, denn er zeigt, was in unserer westlichen Kultur akzeptabel ist, und was nicht.

Findet die sexuelle Belästigung hauptsächlich unter den Studierenden statt?

Die Studie zeigt ganz klar: Das Problem herrscht in erster Linie zwischen Studierenden. Natürlich hat es auch an australischen Universitäten schon Übergriffe von Lehrenden auf Studierende gegeben.

Wie stark liess sich die Universität Melbourne von der weltweiten MeToo-Debatte leiten?

Sie hat ganz klar einen Einfluss auf die Debatte in Australien. Die MeToo-Debatte hat die Sinne geschärft, nicht nur an den Unis. Es gibt auch in Australien Fälle, in denen Prominenten vorgeworfen wird, sie hätten Frauen belästigt. Der jüngste Fall ist Geoffrey Rush, einer der bekanntesten Schauspieler Australiens – er spielte etwa in «Pirates of the Caribbean» oder in «Shine». Rush streitet vehement ab, auf der Bühne beim Spielen von «King Lear» eine Schauspielerin so angefasst zu haben, und zwar wiederholt, dass es ihr unangenehm wurde, wie sie jetzt klagt.

Ist dieser Online-Kurs ein erster Schritt in der Bekämpfung sexueller Belästigung?

Ich denke schon. Er bringt alle Studierenden auf ein gemeinsames Level, egal aus welcher Kultur sie kommen. Er zeigt, was akzeptabel ist. Er zeigt, dass Nein, Nein bedeutet. Und er zeigt: Wenn Mann oder Frau nicht Nein sagen, bedeutet das nicht automatisch Ja.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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