Was die Sonnenfinsternis betrifft, hat das Glück Frankreich nicht Pate gestanden. Dichte Wolkenfelder und Dunst haben den Franzosen die Sicht auf das himmlische Spektakel geraubt. Nun werden sie allerdings mit einem aussergewöhnlichen Gezeiten-Schauspiel entschädigt.
Konkret erreicht am weltberühmten Klosterfelsen Mont-Saint-Michel in der Normandie eine «Jahrhundert-Tide». Eine Jahrhundert-Flut, welche durch dieselbe Gestirnkonstellation wie die Sonnenfinsternis verursacht wird.
Das Wasser steigt am Fuss der historischen Gemeinde derart hoch an, dass der Unterschied zwischen Flut und Ebbe am Samstag und Sonntag 14,5 Meter beträgt; eine Höhendifferenz, die einem vierstöckigen Gebäude entspricht.
Warum dieses Phänomen am Mont-Saint-Michel besonders eindrucksvoll erscheint, kann sich jeder vorstellen, der das Unesco-Weltkulturerbe schon einmal bereist und besichtigt hat. Der Granitfelsen, auf dem die Kommune angesiedelt ist, ist vom Festland aus über eine 760 Meter lange und elf Meter breite Brücke erreichbar – wobei die Landzunge als Eiland erscheint, wenn die Flut den gesamten Steg überschwemmt.
Eric Langlois vom Nationalen Hydrographischen Dienst erklärt das bevorstehende Naturspektakel wie folgt: Weil die Halbinsel Cotentin am höchsten Punkt der Normandie einerseits und die bretonische Küste andererseits grundsätzlich wie eine Art Trichter für das Meerwasser wirkten, herrsche am Mont-Saint-Michel grundsätzlich ein starker Tiden-Hub.
Nun stehe ein Moment bevor, «indem die Sonne und der Mond in einer Linie mit der Erde sind.» Der Effekt der Anziehung würde sich dadurch noch zusätzlich verstärken.
Die exzessiven Gezeiten wirken als Publikums-Magneten und bescheren der Normandie hohe Besucherzahlen. Daran ändert denn auch der Umstand nichts, dass die Tide streng genommen gar keine «Jahrhundert-Tide» ist. Die nächsten vergleichbaren Fluten werden immerhin bereits im März 2033 und im März 2051 erwartet.