Die Hurrikan-Saison in den USA erlebt ihren vorläufigen Höhepunkt – und während viele Menschen im südlichen US-Bundesstaat Louisiana vor «Ida» flüchteten, machten sich andere auf den Weg ins Unwettergebiet. So etwa der amerikanische Meteorologe und Sturmjäger Reed Timmer:
Wenn Sie sich jemals gefragt haben, wie es sich anfühlt, einem Hurrikan ausgesetzt zu sein – hier die etwas ernüchternde Antwort eines der bekanntesten Schweizer «Storm Chaser»: «Es ist sehr unangenehm, ich selber möchte das gar nicht miterleben», sagt Dominic Blaser. Peitschender Regen, null Sicht und Windböen, die regelrecht auf einen einprügeln: So beschreibt der Lehrer und Hobby-Meteorologe das Gefühl, in einen Hurrikan zu geraten.
Sobald das berühmte Auge des Sturms über einem liege, verändere sich das Bild. «Plötzlich kann sogar die Sonne wieder scheinen, Vögel zwitschern, es ist windstill. Und dann dreht es wieder – einfach aus der anderen Richtung.»
Blasers Schilderung zeigt: Die Faszination «Stürme jagen» lebt. Trotz aller Gefahren, denen man sich unweigerlich aussetzt. Er reist regelmässig zur Tornado-Saison im Mai in die Staaten, um mit Gleichgesinnten den Stürmen hinterherzujagen. «Wir suchen die Superzellen auf, aus denen Tornados entstehen können. Wenn wir einen sehen, geben wir auch gleich eine Warnmeldung ab.»
Meteorologen seien angewiesen auf Meldungen über direkte Sichtungen von Tornados. Denn über Radar- und Niederschlagsbilder liessen sich die Stürme nur erahnen. «Die Bestätigung kommt oft von den Sturmjägern am Boden.»
Doch was treibt den 49-Jährigen aus Sugiez im Kanton Freiburg dazu, mit Stativ und Kamera in das amerikanische Hinterland zu ziehen, wenn sich andere verbarrikadieren? Der Nervenkitzel, eine der heftigsten Naturgewalten auf unserem Planeten hautnah erleben zu können?
«Ja, man sieht an diesen Stürmen die Kraft der Natur», erzählt Blaser. «Gleichzeitig möchte ich auch ihre Schönheit sehen: ein Sturm im Zusammenspiel mit der Landschaft. Ich sehe nicht einfach die Zerstörung, sondern farbliche Kontraste.»
Das kann ein Blitz sein, der die dramatische Szenerie plötzlich erhellt. Oder die berühmte Ruhe vor dem Sturm, das Unheil, das sich am Horizont ankündigt, während im Hier und Jetzt eine sonderbare Stille heraufzieht.
Doch hat es nicht auch etwas Voyeuristisches, Stürmen hinterherzujagen, die eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, Existenzen ruinieren und oft auch Menschenleben kosten? Auch den studierten Physiker und Astronomen belasten solche Bilder. «Mich fasziniert die Schönheit, zu sehen, wie eine Front ankommt und sich entlädt.»
Aber: Sobald ein Tornado auf eine Stadt zuzieht, stellt Blaser die «Jagd» ein. Aus Selbstschutz – in doppelter Hinsicht: «Zunächst weil es wegen des Verkehrs gefährlich ist. Aber dann sehe ich auch Dinge, die ich gar nicht sehen möchte.»
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