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Speedlistening Podcast hören: Schneller heisst nicht immer schlechter

Wer Podcasts schneller hört oder Videos schneller schaut, spart Zeit. Und profitiert von einem unerwarteten Nebeneffekt.

Immer mehr Inhalte strömen heute auf uns ein – Serien, Filme, YouTube-Videos, Podcasts und vieles mehr. Doch der Tag hat nach wie vor nur 24 Stunden. Und während denen sollte man auch noch Zähne putzen, Schlafen und Arbeiten gehen.

Wenn sich die Zeit, die man täglich zur Verfügung hat, schon nicht strecken lässt, so lässt sich immerhin die Zeit kürzer machen, die man zum Schauen und Hören all dieser Inhalte braucht: Indem man sie einfach in höherer Geschwindigkeit konsumiert – eineinhalbmal so schnell wie gedacht oder sogar in doppelter Geschwindigkeit.

Trotz schnellerer Geschwindigkeit mehr gelernt

Solches «Speedwatching» und «Speedlistening» liegt im Trend. Wie sehr, lässt sich kaum in Zahlen festmachen – es gibt einfach zu viele Apps, Dienste und Plattformen, die uns Inhalte liefern. Und die wenigsten davon sammeln Zahlen dazu, in welcher Geschwindigkeit die Inhalte dort laufen.

Man schweift weniger ab, wenn man Informationen schneller präsentiert bekommt.
Autor: Silvia Brem Neurowissenschaftlerin, Universität Zürich

Anekdotisch und aus eigener Erfahrung aber ist klar: Zumindest Podcasts, in denen nur gesprochen wird und Erklär-Videos bei YouTube werden gerne in höherer Geschwindigkeit konsumiert. Dort gibt es im Gegensatz zu Filmen, Serien und aufwändig gemachten Hörspielen auch weniger dramaturgische Feinheiten, die durch das schnellere Hören und Sehen kaputt gemacht werden.

Ein Portrait der Wisschenschaftlerin Silvia Brem.
Legende: Silvia Brem forscht an der Universität Zürich unter anderem zur Hirnentwicklung bei Kindern und Jugendlichen. Universität Zürich

So lässt sich nicht nur Zeit sparen, das Ganze hat sogar einen unerwarteten, positiven Nebeneffekt. Das weiss Silvia Brem, die an der Universität Zürich als Neurowissenschaftlerin forscht: «Studien zeigen, dass man weniger abschweift, wenn man Informationen schneller präsentiert bekommt.» Man bleibe fokussierter und könne die Informationen teilweise auch besser aufnehmen.

Redundanz ist wichtig

Bis zu welcher Geschwindigkeit das Hirn mit Verarbeiten noch nachkomme, sei individuell sehr verschieden, so die Wissenschaftlerin. Doch einem Podcast könnten die meisten auch mit eineinhalbfacher Geschwindigkeit noch gut folgen. Bei Videos liege diese Grenze sogar noch höher, weil sich hier Ton- und Bild-Inhalte ergänzen.

Mit etwas Training kann man auch auf die vierfache Geschwindigkeit kommen.
Autor: Silvia Brem Neurowissenschaftlerin, Universität Zürich

Und mit etwas Übung, lasse sich diese Grenze wohl auch nach oben verschieben, glaubt Brem: «Mit etwas Training könnte man bei Videos sogar auf die drei- oder vierfache Geschwindigkeit kommen.» Damit die Informationen trotz schnellerer Geschwindigkeit aufgenommen und erinnert werden, sei aber Redundanz wichtig: Dass die wichtigsten Punkte öfter wiederholt und zusammengefasst werden.

Zeitersparnis hilft beim Lernen

Geht es ums Lernen, kann die beim «Speedwatching» oder «Speedlistening» gewonnene Zeit entscheidende Vorteile haben: Sie lässt sich nutzen, um den Stoff gleich zweimal anzusehen oder anzuhören oder sich anderweitig noch einmal intensiver damit auseinanderzusetzen. «So etwas ist sehr wichtig für die Konsolidierung», sagt Silvia Brem – für das vertiefte Einspeichern der Informationen im Gedächtnis.

Wobei einige Studierende die frei gewordene Zeit wohl lieber dazu nutzen, sich eine zusätzliche Folge ihrer Lieblings-Serie anzusehen oder die neuste Ausgabe ihres liebsten Podcasts zu hören.

Rendez-vous, 20.4.2022, 12:30 Uhr

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