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Streaming-Boom in Coronakrise Netflix durchbricht Schallmauer von 200 Millionen Kunden

Trotz namhafter Konkurrenz ist der Streamingdienst Netflix stark gewachsen. Auch, aber nicht nur wegen Corona.

Der Streamingdienst Netflix hat 2020 deutlich zugelegt. Weltweit hatte Netflix Ende Jahr erstmals mehr als 200 Millionen Kunden, wie das Unternehmen mitteilt. Damit übertraf der Konzern die Erwartungen von Analysten deutlich.

Corona hat Netflix geholfen. Viele Menschen sassen (quasi) gezwungermassen zuhause vor dem Fernseher. Aber: Gleichzeitig wurde auch die Konkurrenz dieses Jahr stärker.

Von Dokus bis Trash-TV

Disney+ etwa verzeichnet sehr starkes Wachstum, auch andere Dienste wie HBO Max oder Peacock setzen Netflix neben den etablierteren Rivalen wie Amazon Prime oder Hulu unter Druck.

Mani Neubacher, Serien-Experte von SRF, sieht Netflix vor allem aus einem Grund vor der Konkurrenz: «Hintergrund des Erfolgs ist der massive Vorsprung, was den Inhalt angeht.»

Midnight Sky
Legende: Das Science-Fiction-Opus «The Midnight Sky» von und mit George Clooney löste zuletzt ein grosses Medienecho aus. Keystone/Netflix

Letztes Jahr lancierte der Streaming-Gigant Serienhits wie «The Queen’s Gambit» und «Bridgerton». Netflix selbst hüllt sich gewohnheitsmässig in Schweigen, wenn es um Streamingzahlen einzelner Produktionen geht.

Analysten sind sich aber einig, dass 2020 insbesondere die Drama-Serie «The Crown» über die britische Monarchie eingeschlagen hat. Die neueste Staffel widmet sich dem Schicksal von Prinzessin Diana.

Dazu kommt: «Nun, da die Kinos vielerorts geschlossen sind, holt Netflix auch bei den Filmen auf», so Neubacher. Generell könne man aber nicht einzelne Filme oder Serien für den Erfolg von Netflix verantwortlich machen. Die Strategie des Streamingdienstes sei die Breite des Angebots.

Heisst: Netflix will verschiedenste Kundensegmente bedienen. Von Reality-Trash bis zu durchaus anspruchsvollen Dokus investiert das Unternehmen in eine Fülle von Produktionen. «Anspruchsvolle Film- und Serienkenner sollen ebenso wie Familien mit Kindern bedient werden.»

Vom Zappen zum Streamen

Der Grossteil der Neukunden kommt nach Angaben des Konzerns aus Ländern ausserhalb der USA und Kanada. 41 Prozent der neuen Abonnenten seien aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Der US-Konzern dreht auch verstärkt vor Ort und nimmt lokale Themen auf, um den Dienst regional zu verankern.

Im deutschsprachigen Raum feierte Netflix beispielsweise mit der Mystery-Serie «Dark» grosse Erfolge. «Die regional produzierten Serien werden dann international vermarktet. Das macht Netflix sehr clever», sagt Neubacher.

Die «Lex Netflix» im Parlament

Box aufklappen Box zuklappen

Der Bundesrat will Streaming-Anbieter zur Förderung des heimischen Filmschaffens verpflichten. Plattformen wie Netflix, Apple TV oder Disney+ sollen vier Prozent ihrer Einnahmen in der Schweiz in die hiesige Filmförderung investieren. Beispiel: Netflix müsste Schweizer Serien oder Filme mitproduzieren oder etwa Kinofilme ankaufen, die dann auf der Plattform laufen würden.

Die Änderung im Filmgesetz wird derzeit im Parlament diskutiert. Der Nationalrat sprach sich letzten Herbst für Investionen von lediglich 1 Prozent der Bruttogewinne ins Schweizer Filmschaffen aus. Eine 30 Prozent-Quote für europäische Filme fand aber eine Mehrheit.

Bei aller Erfolgsmeldungen: Der Unterhaltungsriese Disney drängt derzeit mit grossen Zuwachszahlen und dem eigenen Portfolio auf den Markt. «Auch Disney kann mit seinen eigenen Serien und Filmen viel Content anbieten», so der SRF-Experte.

Disney+
Legende: Insbesondere die Rechte an der Marvel-Superhelden-Saga garantieren dem Streamingdienst Disney+ einen reichen Nachschub an Kassenschlagern. Keystone

Abschliessend glaubt Neubacher nicht, dass das (hoffentlich) baldige Ende von Corona auch das Ende des Streaming-Booms bedeutet. Im Gegenteil: Immer mehr Kunden seien inzwischen bereit, sich auch mehrere Streamingdienste zu leisten.

Und nicht zuletzt mache sich eine gewisse Bequemlichkeit bei der Kundschaft breit, die man bislang vom klassischen Fernsehen kannte. «Man schaut, was kommt – und wenn es keine totale Katastrophe ist, schaltet man auch nicht um.»

SRF 4 News, 20.01.2021, 11:18 Uhr ; 

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