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Symptome werden gegoogelt Zeigen Google-Daten, wo es die meisten Corona-Fälle gibt?

Menschen, die Coronavirus-Symptome wie zum Beispiel den temporären Verlust des Geruchssinns zeigen, geben dieses oft in die Google-Suche ein. Wie der Daten-Journalist Seth Stephens-Davidowitz von der «New York Times» nun schreibt, zeigen diese Suchanfragen klare Parallelen zu den Regionen, in welchen auch tatsächlich die meisten Covid-19-Erkrankungen auftreten.

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Die Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga besucht am 6. April die Kantone
Aus Tagesschau vom 06.04.2020.
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Google-Suchanfragen könnten also zeigen, in welchen Ländern und Regionen viele Coronavirus-Fälle zu verzeichnen sind. In den USA beispielsweise sind die meisten Suchanfragen zu «I can't smell» (übersetzt: «Ich kann nichts riechen») aus New York, New Jersey, Louisiana und Michigan gekommen. Das sind alles US-Bundesstaaten, welche besonders vom Virus betroffen sind.

Wo Schweizer und Deutsche googlen

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Für Deutschland hat der Journalist Jens Schröder eine ähnliche Analyse durchgeführt. Obwohl die Datenlage im Deutschen Raum offenbar eher gering ist, zeigt sich, dass «rieche nichts» in den letzten 30 Tagen besonders häufig in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegoogelt wurde. Das sind genau die Bundesländer mit der grössten Zahl von Coronavirus-Infizierten.

In der Schweiz scheint die Datenlage noch etwas dünner zu sein. Eine Analyse der Google-Suche zeigt aber, dass das Wort «Coronavirus» vor allem in den Kantonen Tessin, Neuenburg, Genf und Waadt gesucht wurde. Wobei das Tessin mit >7.1 Fällen auf 1000 Einwohnern, Genf mit >6.8 und Waadt mit >5.2 die drei Kantone mit der höchsten Ansteckungsrate sind. Neuenburg liegt auf dem achten Rang mit >2.2 Fällen pro 1000 Einwohnern.

Stand: 6. April, 12:55 Uhr

Hat Ecuador ein grösseres Problem als angenommen?

Gemäss den Daten von Google könnte nach Stephens-Davidowitz auch Ecuador vor einem grossen Coronavirus-Problem stehen. Denn die Wörter «no puedo oler» (übersetzt «ich kann nichts riechen») seien dort zehnmal mehr bei Google eingegeben worden als zum Beispiel in Spanien.

Offiziell gibt es in Ecuador gemäss der Johns-Hopkins-Universität aber nur 3646 positiv getestete Menschen – in Spanien dagegen mehr als 131'000 (Stand 6. April, 12:55 Uhr). Die Daten von Googel könnten also auf eine riesige Dunkelziffer im südamerikanischen Land hinweisen.

Qualität der Daten muss stimmen

Gemäss Jürg Tschirren von der SRF Digital Redaktion können solche Analysen helfen, auf Zusammenhänge bei der Ausbreitung des Coronavirus aufmerksam zu machen, die sonst vielleicht unbemerkt blieben. «Allerdings sind sie für sich alleine genommen zu wenig genau», so der Experte. Sie sollten deshalb nur gepaart mit anderen, etablierten Analysemethoden von Behörden und Wissenschaft zum Einsatz kommen, findet Tschirren.

Denn letztlich würden solche Analysen darauf beruhen, in grossen Datenmengen («Big Data») nach bestimmten Mustern, Regelmässigkeiten und Korrelationen zu suchen. «Um zu einem gültigen Resultat zu kommen, muss die Qualität der Daten stimmen.» Liegen der Analyse also zum Beispiel Suchdaten von Google zugrunde, muss sichergestellt sein, dass diese Suchdaten sich auch wirklich auf den Gegenstand beziehen, zu dem die Analyse gemacht wird.

Google Flu Trends

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Zwischen 2008 und 2015 versuchte Google jeweils den Verlauf der Influenza-Grippe aufzuzeigen. Das Prinzip der aktuellen Auswertung lasse sich mit den Google-Flu-Trends-Analysen vergleichen, so Tschirren, «wobei Google nie öffentlich gemacht hat, wie genau Google Flu Trends funktioniert, also welche Suchbegriffe wie gewichtet in die Prognose einfliessen.»

Google Flu Trends zeigte sich nach ersten Erfolgen auch nicht besonders zuverlässig bei der Vorhersage der Grippe, sagt Tschirren. «Auch hier war die Qualität der Daten ein Problem: Viele Google-Nutzer suchten im Internet nach der Grippe oder nach Grippesymptomen, ohne selbst die Grippe zu haben bzw. weil sie fälschlicherweise meinten, die Grippe zu haben.»

Wohl auch, weil sich das Modell als nicht sonderlich zuverlässig erwiesen habe, gebe Google seit 2015 keine auf Google Flu Trends basierende Grippe-Vorhersagen mehr heraus.

«Ich gehe sehr davon aus, dass sie mit Google Flu Trends einen ernst gemeinten Beitrag zur Bekämpfung der Grippe leisten wollten.» Doch natürlich sei es dabei auch um Marketing in eigener Sache gegangen – «also um den Versuch zu zeigen, was Google mit dem immensen Berg von Daten alles anstellen kann, auf dem das Unternehmen sitzt.»

Suchanfrage und Medienberichterstattung

«Gerade bei einem so neuen Phänomen wie dem Coronavirus wäre es vermessen, jetzt schon zu behaupten, bestimmte Muster in den Daten könnten einen bestimmten Verlauf oder eine bestimmte Verbreitung voraussagen», sagt Tschirren weiter. Es gebe dazu einfach noch zu wenig Erfahrungswerte.

Ausserdem seien Suchanfragen zum Virus stark von der umfassenden Berichterstattung der Medien zum Thema geprägt. Soll heissen: Wer in der Schweiz nach dem Begriff «Coronavirus» suche, tute das in der Regel wohl kaum, weil er selber das Gefühl hat, das Virus in sich zu tragen, sondern weil er mehr über das Virus erfahren wolle, das den öffentlichen Diskurs momentan bestimmt.

Grippe-Ausbrüche nicht vorhergesehen

Es gebe aber wohl einzelne Behörden, zum Beispiel in den USA, welche solche Daten nutzen würden. «Sie tun dies aber immer nur in Kombination mit anderen Vorhersage-Methoden, die sich als zuverlässig erwiesen haben», so Tschirren.

«Hätte man sich in der Vergangenheit zum Beispiel nur auf die von Google Flu Trends gemachten Voraussagen verlassen, hätte man in einigen Jahren die Grippe-Welle stark überschätzt und in anderen Jahren Grippe-Ausbrüche nicht vorhergesehen.»

SRF 4 News; Heute Morgen 6:00 Uhr

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