Sie sind zwar nicht so herzig wie Kaninchen, Hamster oder Katzen: Trotzdem sind in der Schweiz auch Schlangen, Echsen und exotische Schildkröten beliebte Haustiere. Mittlerweile gibt es in Schweizer Haushalten mehr Reptilien als Vögel. Ihnen geht es jedoch nicht immer gut. Der Tierschutz berichtet von überforderten Haltern, vernachlässigten Tieren und katastrophalen Zuständen in den Terrarien.
Viele Reptilien gehen durch mehrere Hände. Meist wird die Haltung von Halter zu Halter schlechter.
Ein besonders schwerer Fall wurde heute vor dem Winterthurer Bezirksgericht verhandelt. Ein Reptilienhalter war wegen Tierquälerei angeklagt. Der 34-Jährige hatte acht Madagaskar-Boas, Bartagamen und Leopardengeckos in völlig verschmutzten Terrarien untergebracht, teils ohne Licht und Wasser, wie es in der Anklageschrift heisst.
Reptilienkauf über Facebook
Es handelt sich um einen Extremfall, wie er vor den Gerichten nur selten verhandelt wird. Aber es komme immer wieder vor, dass Reptilienhalter zu wenig über die korrekte Haltung ihrer Tiere wüssten, sagt Martina Schybli vom Schweizer Tierschutz. Besonders schlimm sei es, wenn sie die Reptilien nicht im Fachhandel kaufen würden. «Teilweise werden die Tiere über Facebook-Gruppen ausgeschrieben.» Dabei bleibe die Information über die korrekte Haltung häufig auf der Strecke.
Viele Reptilien würden in ihrem langen Leben durch mehrere Hände gehen, sagt Schybli weiter. «Meist wird die Haltung von Halter zu Halter schlechter.»
Behörden brauchen Hinweise
Die kantonalen Behörden können normalerweise nur reagieren, wenn sie konkrete Hinweise auf Tierschutzverletzungen haben, wie im aktuellen Fall in Winterthur. Sonst aber wissen sie wenig über die schätzungsweise 300’000 Reptilien, die in Schweizer Privathaushalten leben. Regelmässig kontrolliert werden nämlich nur jene Reptilienhalter, die bewilligungspflichtige Tiere besitzen: beispielsweise grössere Schlangen, Krokodile und Gifttiere.
Ein Reptil ist keine Katze und kein Hund.
Das seien aber normalerweise die gut informierten Halter, sagt Tierschützerin Schybli. Wichtiger wäre es ihrer Meinung nach, die Gelegenheitskäufer zu erreichen, die sich aus Wunsch nach Exotik ein Reptil zulegen würden – ohne zu wissen, worauf sie sich einlassen. «Mein Leopardengecko etwa kann bei guter Haltung über 20 Jahre alt werden. Das überlegen sich viele Personen beim Kauf nicht.»
Keine Kuscheltiere
Ein Reptil sei nicht zu vergleichen mit einem herkömmlichen Haustier, sagt auch Reptilienexperte Michel Knuchel vom Händler Qualipet. «Immer noch haben gewisse Leute das Gefühl, Reptilien seien Kuscheltiere.» Das seien sie nicht. «Das ist keine Katze und kein Hund.» Und so könne es vorkommen, dass er einem potenziellen Kunden davon abrate, sich ein Reptil zuzulegen. «Diese Situation haben wir täglich.» Denn eine Schlange oder eine Echse in der Wohnung sei zwar etwas Schönes – aber in manchen Fällen sei ein Meerschweinchen sinnvoller.