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Vulkanausbruch in Tonga Das müssen Sie über Unterwasservulkane wissen

Der Tonga-Vulkanausbruch war der stärkste seit 30 Jahren und auf der ganzen Welt spürbar. Olivier Bachmann, Professor für Vulkanologie, ordnet das Ereignis in Tonga ein – und erklärt, was Unterwasservulkane so gefährlich macht.

Entstehung: Die meisten Vulkane auf der Erde befinden sich unter Wasser, sogenannte submarine Vulkane. Vulkane an Land oder über Wasser sind subaerische Vulkane. Beide Vulkantypen werden durch eine Abfolge von vulkanischen Ablagerungen gebildet, die typischerweise auch einen Berg bilden. Der Unterwasservulkan Hunga Tonga entspricht einem «typischen» Vulkan, wie zum Beispiel dem Vesuv, nur dass er unter Wasser steht.

Ausbruch und Folgen: Genau wie subaerische Vulkane brechen Unterwasservulkane effusiv oder explosiv aus. Effusive Ausbrüche produzieren Lavaströme, explosive produzieren Asche und Bimsstein, sogenanntes pyroklastisches Material. Die Lavaströme und das pyroklastische Material sammeln sich um den Schlot herum und bauen den Vulkan auf, erklärt der Professor für Vulkanologie.

Auswirkungen eines Vulkan-Ausbruchs
Legende: SRF

Laut Olivier Bachmann besteht der Unterschied zwischen submarinen und subaerischen Vulkanen darin, dass bei einem Ausbruch direkt unter der Wasseroberfläche das heisse Magma blitzschnell das Wasser verdampft. Dies führt zu zusätzlicher Explosivität, was als phreatomagmatische Aktivität bezeichnet wird. Das kann jedoch auch an Land passieren, wenn ein Vulkan durch einen See ausbricht, wie beim Taal-Vulkan auf den Philippinen vor zwei Jahren.

Vulkanausbruch in Tonga: Die Eruption sieht nicht besonders ungewöhnlich aus, ist aber eine der grössten des letzten Jahrzehnts. Um dies zu bestätigen, fehlen jedoch noch Daten. Der Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai hat eine hohe Aschesäule produziert, vielleicht verstärkt durch das dampfende Meerwasser, da der Ausbruch sich knapp unter dem Meeresspiegel ereignete.

Ein weiterer Ausbruch nur eine Frage der Zeit

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Unterwasservulkan Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai brach bereits einmal aus.
Legende: Rauch- und Aschewolken waren nach dem Ausbruch des Hunga-Tonga-Vulkans im März 2009 noch 34 Seemeilen vor der Küste von Tongas Hauptstadt zu sehen. Keystone

Laut Olivier Bachmann wird der Unterwasservulkan sicher wieder ausbrechen – wann oder wie sei noch unklar. Seit Dezember 2021 bricht der Hunga-Tonga immer wieder aus und hatte bereits frühere Eruptionsphasen in den Jahren 2009, 2014 und 2015. Man sei sich nicht sicher, ob diese gegenwärtige Phase schon vorbei sei. Diese könnte sich in den kommenden Tagen und Wochen fortsetzen, so Bachmann.

Solche Unterwasserausbrüche sind im globalen Massstab nicht selten. In der Tonga-Region gibt es wahrscheinlich 15 bis 20 solcher Unterwasservulkane, die noch alle ziemlich ruhig sind, aber kurzfristig aufwachen könnten.

Unterwasservulkane und Erdbeben: Submarine Vulkane sind nicht generell gefährlicher als Erdbeben. Jedoch können einige Vulkanausbrüche enorme Ausmasse erreichen, indem sie auf der ganzen Welt ihre Spuren hinterlassen. Erdbeben können das in dieser Hinsicht nicht. Glücklicherweise sind diese supervulkanischen Eruptionen auf der Zeitskala eines Menschenlebens selten.

Ausserdem lösen nicht alle submarinen Vulkane automatisch Tsunamis aus. Wenn ein Ausbruch beispielsweise in ausreichend grosser Tiefe unter dem Meeresspiegel auftritt, werden keine zerstörerischen Tsunamis erzeugt.

Weitere aktive Unterwasservulkane weltweit: Es gibt viele Vulkane unter Wasser, wahrscheinlich viel mehr als subaerische Vulkane. Zum Beispiel sind alle Rücken, die wir auf dem Meeresboden sehen, wie in der Mitte des Atlantischen Ozeans, aus Vulkanen entstanden. Man muss bedenken, dass mehr als 80 Prozent der Erdoberfläche – über und unter dem Meeresspiegel – vulkanischen Ursprungs sind.

Die jüngsten Vulkanausbrüche

Forschungsstand: Die Forschung zu Unterwasservulkanen ist viel schwieriger als die zu subaerischen Vulkanen. Sie sind nur mit Messungen am Meeresboden sichtbar. Ausserdem ist die Probensammlung und Überwachung der submarinen Vulkane schwierig. Zum Vergleich: Es ist, als würde man Tiere auf der Tiefe der Ozeane studieren – der Wissensstand darüber, was in diesen tiefen und dunklen Winkeln unseres Planeten vor sich geht, ist klein.

Olivier Bachmann

Professor für Vulkanologie und magmatische Petrologie, ETH Zürich

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Olivier Bachmann ist seit 2012 Professor für magmatische Petrologie am Institut für Geochemie und Petrologie im Departement Erdwissenschaften an der ETH Zürich. Im Zentrum seiner Forschung steht ein besseres Verständnis vulkanischer Prozesse, der Magmabildung und der Evolution der kontinentalen Erdkruste.

SRF 4 News, 20.01.2022, 07:45 Uhr

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