Die Forcierung der nachhaltigen Erdbeerproduktion in Südspanien durch die Migros und den WWF gehe in die richtige Richtung, sagt der Journalist Hans-Günter Kellner in Spanien. In der Tat sei der grosse Wasserverbrauch durch die Landwirtschaft in Andalusien ein enormes Problem.
SRF News: Wie hängt der Wassernotstand in Südspanien mit der Erdbeerproduktion zusammen?
Hans-Günter Kellner: Für den Erdbeeranbau benötigt man viel Wasser. Dieses ist in Andalusien jetzt sehr knapp geworden. Das liegt zum einen an der seit längerem herrschenden Dürre, aber auch daran, dass inzwischen Massen an Erdbeeren angebaut werden.
Man spricht inzwischen von einem Wassernotstand.
Das viele Wasser, das für die Früchte gebraucht wird, kommt aus Brunnen, die teilweise illegal angelegt werden. Dies wiederum hat dazu geführt, dass der Grundwasserspiegel so tief gefallen ist, dass man in Spanien jetzt von einem Notstand spricht. Ein weiterer Grund für den hohen Wasserverbrauch ist der Tourismus. Dieser steckt in Andalusien vergleichsweise aber noch in den Kinderschuhen.
Wieso werden in einer Region, die sowieso schon unter Wassermangel leidet, derart viele Erdbeeren angebaut?
In der Region Huevla hat der Erdbeeranbau eine jahrzehntelange Tradition. Doch inzwischen sind es derart viele Plantagen, dass der Anbau zu einem Problem geworden ist. Noch vor 15 Jahren musste man vom Naturschutz- und Feuchtgebiet Parque Nacional de Doñana kilometerweit fahren, bis man bei den ersten Beerenplantagen war. Inzwischen stossen die Plantagen bis praktisch an die Grenze des Naturparks vor. In der Region gibt es kaum Alternativen zur Landwirtschaft – ausser dem Tourismus. Und der ist auch nicht nachhaltig.
Der Parque Nacional de Doñana trocknet aus.
Der Parque Nacional de Doñana wird als Unesco-Welterbe eingestuft. Der Nationalpark ist das grösste Feuchtgebiet Spaniens. Welche Auswirkungen auf das Schutzgebiet hat der ungebremste Erdbeeranbau?
Das Feuchtgebiet trocknet aus. Das hat weitreichende Folgen für die Tiere und die Pflanzen – so können die Zugvögel dort nicht mehr Rast machen. Im Extremfall könnte das Gebiet sogar in Brand geraten, wie das bei einem anderen Nationalpark in Spanien bereits der Fall war. Ein solches Schwelfeuer kann man dann gar nicht mehr löschen. Das einzige was da noch hilft, ist ausgiebiger Regen.
Im Zusammenhang mit der Erdbeerproduktion hört man auch immer wieder von katastrophalen Arbeitsbedingungen für die Feldarbeiter, von sklavenartigen Zuständen oder sexueller Ausbeutung. Was unternimmt die spanische Regierung dagegen?
Es gibt durchaus gesetzliche Bestimmungen, was die Bezahlung der Landarbeiter oder ihre Unterkünfte betrifft. Doch es gibt praktisch keine Kontrollen. Ein Problem ist auch, dass von Missbrauch Betroffene Saisonarbeiter sind, die meist schon weitergezogen sind, wenn ihre Anzeige zur Verhandlung kommt. Diese Fälle werden dann archiviert – und versanden. Grundsätzlich ist es wie bei der Wasserentnahme: Jene Produzenten, die sich an die Gesetze und Vorgaben halten, haben höhere Kosten. Entsprechend müssen sie ihr Produkt teurer an die Supermärkte verkaufen als ein Produzent, der sich nicht an die Regeln hält.
Das Gespräch führte Marlene Oehler.