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Zunahme der Waldbrände «Die grössten Brände wüten in Kanada und Russland»

Der Regenwald in Brasilien brennt. Mittlerweile wurden über 70'000 Feuer im Amazonas registriert. Die brasilianische Armee beteiligt sich nun an den Löscharbeiten. Doch ein Blick auf die Feuerkarte der Nasa zeigt: Es brennt nicht nur im Amazonas. In anderen Gebieten der Welt toben ebenfalls viele Feuer. Forstwissenschaftler Peter Hirschberger sagt, es mache einen Unterschied, ob ein Regenwald oder zum Beispiel ein Nadelwald brenne.

Peter Hirschberger

Forstwissenschaftler

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Peter Hirschberger ist Forstwissenschaftler und erstellt mit seiner Firma forest consulting im Auftrag des WWF aktuelle Erkenntnisstände zu Waldbränden.

SRF News: Wo wüten derzeit die grössten Waldbrände?

Peter Hirschberger: Rein flächenmässig wüten die grössten in den borealen Wäldern, das heisst in Kanada und Russland. Betroffen sind Millionen von Hektaren. Man muss allerdings dazu sagen, dass diese Ökosysteme dort anders an das periodische Auftreten von Waldbränden angepasst sind. Brände sind dort sogar notwendig, damit sich der Wald verjüngen kann.

Die Waldbrände in Kanada und Russland sind nichts Aussergewöhnliches?

Nein, nicht unbedingt. Dieses Jahr konnte man allerdings feststellen, dass gerade bei den Bränden in Russland die Grenzen der Anpassung teilweise überschritten wurden, sprich, das solch grosse Flächen betroffen waren, dass es für den Wald dort schwierig werden wird, sich damit wieder zu verjüngen.

Rote Punkte signalisieren Brandherde auf einem Satellitenbild Südamerikas.
Legende: Das Satellitenbild der Nasa vom 24. August zeigt die zahlreichen Brände in Südamerika. Nasa

Was ist das Besondere an den Bränden, die derzeit in Brasilien wüten?

In dem feuchten Klima eines Regenwaldes treten Waldbrände auf natürliche Weise so gut wie nie auf. Die Brände dort sind alle von Menschen verursacht, also absichtlich gelegt worden. Diese Ökosysteme sind nicht an das Auftreten von Waldbränden angepasst und können sich davon nur sehr schwer erholen.

Der Mensch – sei es jetzt absichtlich oder unabsichtlich – verursacht den Grossteil der Brände.

Was sind weltweit gesehen die häufigsten Ursachen für Brände?

Weltweit werden 95 Prozent der Brände durch den Menschen verursacht. Dinge wie Dürren und Hitzeperioden schaffen jeweils nur die Voraussetzungen. Aber der Mensch – sei es absichtlich durch Brandlegung oder unabsichtlich durch weggeworfene Zigaretten, Lagerfeuer oder die Funken einer Eisenbahn – verursacht den Grossteil der Brände.

Es brennt auf allen Kontinenten. Was sind die Folgen dieser Brände?

Die Folgen sind zunächst einmal ein erhöhter CO2-Ausstoss. Das hat man vor einigen Jahren in Indonesien gesehen, als das Land aufgrund der Waldbrände zeitweise sogar einen höheren CO2-Ausstoss hatte als die USA. Langfristig folgen Erosionen: Der fruchtbare Boden geht verloren. Es kommt zu Wüstenbildung. Das hat Folgen für den Wasserhaushalt, denn wenn die Wälder verschwinden, verschwindet auch ihre Funktion als Wasserspeicher.

Im Amazonas ist – vor allem auch durch eine verfehlte Regierungspolitik – die Zahl der Waldbrände massiv gestiegen.

Das heisst, es kann vermehrt zu Überschwemmungen kommen. Und natürlich hat es auch gravierende Folgen für die Arten- und Pflanzenvielfalt. Besonders dann, wenn sich der Wald wie im Amazonas nicht mehr erholen kann. Denn damit geht auch der Lebensraum verloren.

Gibt es dieses Jahr aussergewöhnlich viele Waldbrände?

Wenn man sich den Amazonas ansieht, so kann man durchaus sagen, dass dort – vor allem auch durch eine verfehlte Regierungspolitik – die Zahl der Waldbrände massiv gestiegen ist. Zuvor war der Amazonas eigentlich eher eine Erfolgsgeschichte: In den letzten Jahrzehnten waren dort die Zahl der Waldbrände und die Zerstörungen deutlich zurückgegangen. Auch wenn man nach Russland blickt, gab es dort aufgrund der Klimaerwärmung eine viel grössere Waldbrandfläche als in den letzten Jahren. Das Gleiche lässt sich auch über Nordamerika sagen. Auch in Kanada waren in diesem Jahr wesentlich grössere Flächen betroffen als in den früheren Jahren.

Das Gespräch führte Daniela Püntener.

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