Das Bundesamt für Gesundheit hat am Montag neue Lockerungen für die nachobligatorische Schule bekanntgegeben – also für die letzten drei Jahren an den Gymnasien und an den Berufsschulen.
Die Änderungen sind aber minimal. Bisher lautete die Weisung, dass jede Schülerin und jeder Schüler vier Quadratmeter Platz benötigt und die Abstandsregel von zwei Metern eingehalten werden muss. Die Zentralschweizer Bildungsdirektoren hoffen auf eine Lockerung – denn mit diesen Regeln sei der Präsenzunterricht vielerorts unmöglich. Tatsächlich gehen in der Zentralschweiz nur in Nidwalden und Uri die Mittelschüler wieder vor Ort in den Unterricht.
«Die Leute verstehen das langsam nicht mehr»
Neu heisst es jetzt, die Zwei-Meter-Regel müsse «wenn möglich» eingehalten werden – statt «konsequent» wie bisher. Für den Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss sind das «sehr geringfügige Lockerungen», wie er sagt; es ändere sich damit praktisch nichts. Er zeigt sich enttäuscht: «Es gibt grosse Unterschiede bei den Regelungen zwischen Aktivitäten in der Freizeit und im Schulbetrieb. Die Leute verstehen das langsam nicht mehr.»
Sein Amtskollege im Kanton Luzern, Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann sieht das ähnlich. Er hofft darauf, dass der Bund am 18. Juni die «ausserordentliche Lage» aufhebt und zur «besonderen Lage» erklärt. Damit würde Präsenzunterricht möglich. «Ich will wieder Präsenzunterricht haben», sagt Schwerzmann. «Jeden Tag, den wir ihn vor den Sommerferien noch durchführen können, ist ein Gewinn.»
Schlecht für die Chancengleichheit?
Eigentlich würden auch die anderen Kantone gerne wieder flächendeckend auf Präsenzunterricht setzen, deshalb haben sich alle Erziehungsdirektorinnen und -direktoren der Schweiz beim Bundesrat gegen die geltenden Vorgaben gewehrt. Der Obwaldner Regierungsrat Christian Schäli, der Präsident der Zentralschweizer Bildungsdirektoren ist, sagt dazu: «Es wäre nur logisch, wenn der Bundesrat auch da weitere Lockerungen zuliesse. Es ist schwer zu verstehen, dass Schülerinnen und Schüler im Klassenzimmer zwei Meter Abstand halten müssen, wenn sie nach der Schule in einem Restaurant nebeneinander Platz nehmen dürfen.»
Die Schere zwischen guten und weniger guten Schülern könnte weiter aufgehen.
Die Kritik an den Regeln sei aber nur die eine Seite, auf der anderen leide auch die Chancengleichheit. Das Lernen zuhause sei nicht für alle geeignet. «Das Erreichen der Lernziele per Fernunterricht ist eine Herausforderung. Die Schere zwischen guten und weniger guten Schülern könnte dadurch weiter aufgehen», so Schäli weiter.
Planung fürs nächste Schuljahr
Einige Kantone wären bereit, den Präsentunterricht auch für die älteren Schülerinnen und Schüler noch vor der Sommerpause wieder aufzunehmen, sollte der Bund die Abstandsregeln nächstens lockern. So meint etwa Aldo Magno, der Leiter der Dienststelle Gymnasialbildung des Kantons Luzern: «Jede Woche, in der die Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht lernen, ist wertvoll.»
So oder so seien sie bereits in der Planung für das nächste Schuljahr. «Wir gehen von zwei möglichen Szenarien aus. Wenn die Abstandsregeln aufgehoben werden, gibt es ein normales Schuljahr; falls die Vier-Quadratmeter-Regel bleibt, setzen wir auf eine Mischform zwischen Selbststudium und Präsenzunterricht.»
Der Ball liegt nun beim Bundesamt für Gesundheit. Doch da gibt man sich bedeckt. Auf Anfrage heisst es, das Anliegen der Erziehungsdirektorinnen und -direktoren sei angekommen und man nehme es in die nächsten Diskussionen um weitere Lockerungen auf. Wann das sein werde, sei noch offen.