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Erpressung auf Google Maps Online-Banden erpressen Schweizer KMUs mit Fake-Reviews

Erst hagelt es Ein-Stern-Bewertungen, dann kommt die Whatsapp-Nachricht: Geld gegen Löschung. SRF folgt der Spur.

Wer nach einem guten Restaurant, einem neuen Zahnarzt oder einer Auto-Werkstatt sucht, landet schnell bei Google Maps. Fast jedes Unternehmen der Schweiz ist dort eingetragen und versucht, mit seiner Reputation zu überzeugen: einer Gesamtbewertung zwischen einem und fünf Sternen. Reviews sind inzwischen für viele Branchen geschäftsrelevant geworden. Und genau das nutzt eine neue Masche aus: Erpressung mit schlechten Fake-Reviews. In den letzten Monaten wurden immer mehr Schweizer Unternehmen Opfer solcher Erpresserbanden – mehrheitlich KMUs.

Bewertungsplattformen wie Google haben ein derart lasches Umfeld geschaffen, dass Betrug quasi belohnt wird.
Autor: Kay Dean Ehemalige Ermittlerin bei US-Behörden

Auch Max Minin ist betroffen. Ihm gehört die Dent Blanche Carrosserie-Werkstatt in Gretzenbach, Kanton Solothurn. Vor zwei Wochen seien plötzlich innerhalb von wenigen Minuten vier negative Bewertungen in seinen Rezensionen aufgetaucht – von Namen, die garantiert nie seine Kunden waren. Alle schrieben auf englisch, von offensichtlichen Fake-Accounts. Minin meldete die Accounts bei Google, nach zwei Tagen waren die Reviews wieder weg. Minin war erleichtert, denn seine Google-Maps-Bewertung sei «sehr wichtig» für sein Geschäft. Drei Tage später, poppten zwei der Negativ-Bewertungen wieder auf. Und bleiben seither da, ohne Möglichkeit, sie erneut zu melden. 

Doch das ist meist nur der erste Schritt. Oft folgt nach einer Welle von Fake-Reviews eine Anfrage via Whatsapp: Man wolle Geld, meist 100 bis 200 Franken, dann würden die Bewertungen wieder gelöscht.

Erpressungsversuche in ganz Europa

SRF konnte die mutmasslich gefälschten Accounts ins Umfeld eines pakistanischen Erpresserrings zurückverfolgen. Alle Accounts, die negative Reviews in der Werkstatt in Gretzenbach hinterliessen, haben auch schlechte Reviews bei einem Dachsanierungsunternehmen in Finnland hinterlassen. Zufall? Sehr unwahrscheinlich, sagt Kay Dean. Die Amerikanerin war früher Ermittlerin bei US-Behörden, heute ist sie pensioniert und betreibt den Youtube-Kanal «Fake Review Watch». Dean hat weitere Daten gesammelt. So hat dieser eine Erpresserring mit pakistanischer Telefonnummer derzeit Erpressungsversuche bei Dutzenden von Unternehmen gleichzeitig am Laufen, unter anderem in Frankreich, Spanien, Italien, Holland, der Schweiz und den USA.

Gemäss Dean gehörten die Erpresser meist zu Organisationen in Indien, Pakistan oder Bangladesch, die sich auf den Verkauf von Google-Maps-Bewertungen spezialisiert hätten – sowohl positiven wie auch negativen Reviews. Sie würden eine Armee von Fake-Profilen unterhalten und mit KI automatisiert Reviews texten lassen. Wie solche Netzwerke funktionieren, hat SRF Data bereits in vergangenen Recherchen dokumentiert.

Prüft Google zu lasch?

Für Kay Dean trägt Google eine Mitschuld für die Verbreitung solcher Maschen. «Bewertungsplattformen wie Google haben ein derart lasches Umfeld geschaffen, dass Betrug quasi belohnt wird, ehrliche Unternehmen Schaden nehmen und Betrüger, die von den Strafverfolgungsbehörden praktisch nicht angreifbar sind, ungehindert ihr Unwesen treiben können.» Wenn jemand wie sie diese Netzwerke identifizieren könne, warum nicht Google selbst?

Was kann man tun, wenn man betroffen ist?

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  • Gehen Sie nicht auf die Betrüger ein. Blockieren Sie deren Nummer, sobald sie Sie kontaktieren. Zahlen Sie auf keinen Fall!
  • Melden Sie die Bewertungen bei Google. Das Erpressungsproblem hat so gravierende Ausmasse angenommen, dass Google letzten Monat ein neues Formular zur Meldung von Erpressung durch negative Bewertungen eingeführt hat.
  • Dokumentieren Sie alles und fertigen Sie Screenshots oder Videos der Bewertungen sowie jeglicher Kommunikation mit den Betrügern an.

Auf Anfrage schreibt Google, man würde Bewertungen mit Algorithmen und menschlichen Teams auf betrügerische Inhalte überprüfen und Massnahmen ergreifen, etwa die Entfernung von Inhalten bis zur Löschung von Profilen. Gegen Betrügernetzwerke würden sie auch rechtlich vorgehen.

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Espresso, 18.12.2025, 8:10 Uhr

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