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1:12-Initiative Auftrieb für die 1:12-Initiative?

Auch der Top-Manager eines Unternehmens soll höchstens 12 Mal mehr verdienen als der schlechtbezahlteste Mitarbeiter. Das verlangt die so genannte 1:12-Initiative – lanciert von den Juso und bisher häufig belächelt. Nach dem Erfolg der Abzocker-Initiative wittern die Initianten nun Morgenluft.

Das deutliche Ja zur Abzocker-Initiative hat den früheren Juso-Präsidenten und heutigen SP-Nationalrat Cédric Wermuth beflügelt. Für ihn lässt das Resultat vom Sonntag nur einen Schluss zu: Die Schweiz will hohe Löhne begrenzen.

«Das gibt Rückenwind», sagt Wermuth gegenüber «10vor10». Die hohe Zustimmung sei eine Watsche für Wirtschaftselite und die bürgerlichen Parteien. «Davon können wir profitieren. Die Bedrohung muss nun ernst genommen werden.»

Gesprächsbedarf bei den Bürgerlichen

Viel Gesprächsbedarf gibt es nach der deutlichen Niederlage bei den bürgerlichen Parteien. Und plötzlich schwingt bei dieser Diskussion auch die 1:12-Initiative mit. Das Begehren der Juso wurde bisher kaum ernst genommen. Das hat sich geändert.

Einen direkten Zusammenhang zur Abstimmung vom Sonntag wollen die Bürgerlichen aber nicht herstellen. Es handele sich um zwei unterschiedliche Themen, sagt etwa Jean-François Rime, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands. «Die Abzockerinitiative betrifft die Manger von rund 30 Firmen. Die 1:12-Initiative hingegen könnte auch die Patrons bei den KMU treffen», so Rime. «Das können wir besser erklären als die Abzockerinitiative.»

Wie stark sich der Gewerbeverband im Abstimmungskampf beteiligen will, ist noch unklar. Wichtig sei, dass die Wirtschaft nun zusammenstehe. Der Sonnag habe eines gezeigt, sagt der Züricher FDP-Nationalrat Ruedi Noser: «Wenn wir in der Wirtschaft nicht geeint sind, wenn Gewerbler und globale Unternehmer nicht am gleichen Strick ziehen, bekommen wir auch keine Mehrheiten.» Noser ist überzeugt, dass dies bei der 1:12-Initiative anders sein werde.

Lohnunterschiede werden grösser

Die 1:12-Initiative wurde vor zwei Jahren eingereicht. Das Anliegen der Juso verlangt, dass der höchste Lohn in einem Unternehmen nicht mehr als zwölf Mal so hoch sein darf wie der tiefste. Laut den Gewerkschaften geht die Lohnschere zwischen Höchst- und Tiefstlöhnen immer mehr auf.

Nach Angaben des Gewerkschaftsdachverbandes Travailsuisse verdient bei Novartis der Chef Joe Jimenez 266 Mal mehr als der am schlechtesten bezahlte Arbeiter. Auf Rang zwei folgt der Chef von Lindt und Sprüngli, Ernst Tanner, mit

1: 230, dann kommt Nestlé-CEO Paul Bulcke mit 1:215.

Keine Erfolgsgarantie

Eine Erfolgsgarantie gibt es für die 1:12-Initiative trotz des Ja vom Sonntag nicht. Der Ball liege nun bei der Wirtschaft, sagt etwa der Politologe Lukas Golder. Sie müsse die Lohnexzesse stoppen. Bremse die Wirtschaft an dieser Stelle, steige auch in der Bevölkerung die Regulierungsbereitschaft. «Und dann hat plötzlich auch eine linke wirtschaftspolitische Initiative grössere Chancen.»

Die Euphorie der Jungsozialisten dürfte bereits in zwei Wochen einen Dämpfer erhalten. Dann wird der Ständerat die 1:12-Initiative voraussichtlich deutlich ablehnen.

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