Die SP hat kein Frauenproblem. Mindestens nicht im Bundeshaus. Die Fraktion der Sozialdemokraten wird zwar mit Roger Nordmann von einem Mann geführt. Trotzdem sind die Männer mit 27 zu 28 National- und Ständerätinnen knapp in der Minderheit. Die beiden Bundesratssitze werden von je einer Frau und einem Mann gehalten. 50 Prozent Frauenanteil in Bundesbern – für eine Bundesratspartei ein einsamer Spitzenwert.
Ein hoher Frauenanteil ist auch der bei SP nicht selbstverständlich.
Die Schlussfolgerung, dass damit eine eigene SP-Frauensektion überflüssig ist, lassen die Verantwortlichen nicht gelten. «Eine Selbstverständlichkeit ist das auch bei uns nicht, wir müssen da immer dran bleiben», sagt Gabriela Rothenfluh, Generalsekretärin der SP-Frauen. Im Gemeinderat der Stadt Zürich, in dem sie selber sitzt, sei nur ein Drittel der SP-Fraktion in Frauenhand.
Auf der Homepage listet die dienstälteste Frauenpartei lustvoll 100 Gründe auf , warum es sie immer noch braucht. Zum Beispiel, weil «Frauen einen Anteil von 61,1 Prozent an der unbezahlten Arbeit leisten». Oder auch eher witzig gemeinte Gründe. Weil die Google-Suche «Christian Levrat und Feminismus» nicht wirklich zu Suchergebnissen führe. Oder «weil Tampons und Binden zu teuer sind».
FDP- und CVP-Frauen kämpfen für Bundesrätin
Vor vier Jahren feierten die FDP Frauen ihren 65. Geburtstag. Damals wurde darüber diskutiert aufzuhören. Doch die Idee wurde deutlich verworfen. In der FDP-Bundeshausfraktion sind die Frauen schwach vertreten. Sie besetzen acht von 46 Parlamentssitzen, weniger als 20 Prozent. Eine Bundesrätin stellt die Partei seit 1989 keine mehr.
«Angemessen ist das nicht», sagt FDP-Frauen-Präsidentin und Nationalrätin Doris Fiala. Frauen für ein Amt in der Politik zu ermutigen und zu helfen, sie dazu zu befähigen, sieht sie deshalb als eine ihrer wichtigsten Aufgaben.
Auch im Hinblick auf den nächsten Bundesratsrücktritt in den Reihen der FDP ist Fiala in den Startlöchern. «Ich werde mich für ein Ticket mit zwei Kandidatinnen einsetzen.» So will sie mithelfen, dass Johann Schneider-Ammann eine Nachfolgerin bekommt.
Ich sehe uns als eine Art Speerspitze für liberal-fortschrittliche Positionen.
Dass es die FDP-Frauen gibt, ist nach Ansicht von Fiala auch inhaltlich nötig. «Ich sehe uns auch als eine Art Botschafterinnen und Speerspitze für liberal-fortschrittliche Positionen in der Gesellschaftspolitik», sagt Fiala. Dazu gehöre, dass Beruf und Familie noch besser vereinbar seien und sich die Leistung für Doppelverdiener lohnen müsse. Oder die Unterstützung der Forderung nach einer «Ehe für alle», also auch für schwule und lesbische Paare.
CVP-Frauen-Präsidentin Babette Sigg sieht ihre Gruppierung ebenfalls als progressiver im Vergleich zur ganzen Partei. «Frauen sind in vielen Alltagsfragen näher dran.» Die CVP-Frauen halfen einst, die harte Haltung der Partei gegenüber Schwangerschaftsabbruch und einer Fristenregelung aufzuweichen. Sigg nennt als weiteres Beispiel, wie die CVP-Frauen vor vier Jahren parteiintern erfolgreich gegen die Ja-Parole zur Familieninitiative der SVP kämpften. Die Initiative sah einen Steuerabzug für jene Familien vor, die ihre Kinder selbst betreuen.
SVP hat seit 2016 keine Frauensektion mehr
Mehr Frauen in politische Ämter zu bringen, das sieht Babette Sigg als Hauptziel der CVP-Frauen. Verglichen mit der FDP steht es um die Frauenvertretung in der CVP-Fraktion zwar etwas besser. Die neun National- und die zwei Ständerätinnen entsprechen einem Anteil von 28 Prozent. «Aber wir möchten das natürlich weiter verbessern.» Auch für die Nachfolge von Bundesrätin Doris Leuthard bereiten sich die CVP-Frauen bereits vor. «Wir legen grade die Strategie fest, wie wir die fähigen Frauen in unserer Partei zu einer Kandidatur motivieren können», sagt Sigg.
Den kleinsten Frauenanteil bei den Bundesratsparteien in Bern hat übrigens die SVP. Die 12 Nationalrätinnen machen gut 17 Prozent aus, damit liegt die Partei knapp hinter der FDP. Eine eigene Frauensektion gibt es bei der SVP nicht mehr. Die letzte Präsidentin, Judith Übersax, meinte im Januar 2016, es sei besser, die Frauenanliegen direkt in die SVP einzubringen. «Die Diskussionen passieren so in der Gesamtpartei und nicht in einem separaten Gremium, wo die Frauen unter sich sind.» Organisierte SVP-Frauen gibt es seit 2016 nur noch in Westschweizer Sektionen.