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12 Jahre Bundesratssprecher André Simonazzi – ein Staatsdiener mit Strategie

Als Bundesratssprecher hat er eine wichtige Funktion. Doch manche halten ihn für einen, der lieber nichts sagt.

Wer sich im Bundeshaus umhört, hört über Simonazzi vor allem eines: «Simonazzi, der Staatsdiener». Wie klingt das in seinen Ohren? «Es ist ein Kompliment. Ich hoffe, dass ich das bin. In einer direkten Demokratie gibt es keine schönere Aufgabe als der Einsatz fürs Gemeinwohl.»

Simonazzi ist leger gekleidet, mit einer schwarzen Hose und einem karierten Kurzarmhemd. Eitel ist der Mann, der seit bald zwölf Jahren für die Bundesratskommunikation verantwortlich ist, nicht: «In einer direkten Demokratie spielt das Wort eine sehr wichtige Rolle. Über das Wort tauscht man sich aus, kann man sich eine Meinung bilden.»

Simonazzi
Legende: Bei Medienkonferenzen des Bundesrates sitzt ganz rechts immer der gleiche Mann. André Simonazzi, der Bundesratssprecher. Viele wussten wohl nicht wer das ist, bis die Coronakrise begann und Tausende diese Medienkonferenzen jeweils live mitverfolgten. Keystone

Deshalb stehe es auch im Zentrum seiner Arbeit. Er muss sicherstellen, dass der Bundesrat im entscheidenden Moment die richtigen Worte findet: «Die Informationsverantwortlichen müssen dafür sorgen, dass das, was der Bundesrat sagen will, auch so verstanden wird.»

Bundesrat bespricht eigene Kommunikation

Simonazzi wird oft mit seinen Vorgängern Oswald Sigg und Achille Casanova verglichen – zwei Persönlichkeiten, die den öffentlichen Diskurs stärker prägten als er. Er sehe seine Aufgabe vor allem darin, die Strategien vorzubereiten, aufgrund derer der Bundesrat dann selber kommuniziert, sagt Simonazzi. Das sei nicht immer so gewesen.

«Als ich Sprecher wurde, gab es keine Diskussionen zur Kommunikation im Bundesrat. Sie war nicht Bestandteil der Geschäfte. Das haben wir korrigiert. Es ist sehr wichtig, dass der Bundesrat über seine Kommunikationsstrategie redet, und das tut er.» Das ist bemerkenswert.

Deshalb hat Simonazzi für den Vorwurf, er sage lieber nichts, auch nur ein müdes Lächeln übrig. Entscheidend sei nicht, was er sage, sondern wie der Bundesrat kommuniziere: «Ich glaube, es gibt keine andere Regierung, die sich so oft vor den Medien präsentiert.»

Über 60 Auftritte allein wegen Coronakrise

Er verweist auf die Pandemie: «Der Bundesrat gab über 60 Medienkonferenzen und hat Fragen beantwortet, bis es keine mehr gab. Das ist einzigartig.» Damit habe der Bundesrat auch auf Ängste reagieren wollen. Denn manche vermuteten, dass der Bundesrat noch viel schlimmere Szenarien diskutierte, die er aber geheim hielt.

Simonazzi verneint das: «Das, was man vor den Medien diskutiert hat, waren immer auch die Elemente, die man im Bundesrat diskutiert hat. Und das ist auch richtig so. Es gibt nichts Schlimmeres in einer Krise, als Dinge zu entdecken, die die Regierung verheimlichen wollte.»

Rund um das Rahmenabkommen wurde dem Bundesrat dagegen vorgeworfen, er habe zu wenig kommuniziert. Simonazzi weist das zurück: «Es gab Phasen der intensiven, ja sogar der mutigen Kommunikation. Als der Entwurf veröffentlicht wurde, hat das mehr als einen überrascht.»

Indiskretionen sind nicht zu verhindern

Als Journalist hätte man sich mehr Informationen zum Stand der Verhandlungen gewünscht. Doch von Simonazzi sind grundsätzlich keine Indiskretionen zu haben: «Das zerstört unser System und erschwert die Arbeit des Bundesrates. Das gehört einfach nicht dazu und ist ethisch nicht vertretbar.» Pikanterweise sind es meist die Departemente selbst, die den Medien geheime Informationen weitergeben. Simonazzi weiss das und sieht darin ein Systemproblem.

Weil die Bundesräte Kompromisse eingehen müssten, seien Indiskretionen ein Mittel, um die Position des jeweiligen Bundesrats der Öffentlichkeit mitzuteilen. Simonazzi kann das praktisch nicht unterbinden. Er kann eigentlich nur – im Geiste des bescheidenen Staatsdieners – an ein ethisch korrektes Verhalten appellieren.

 

 

 

Echo der Zeit, 26.07.2021, 18:00 Uhr

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