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2. Frauenstreik am 14. Juni «Es hat sich zu wenig getan in fast drei Jahrzehnten»

Lohn – Betreuungszeit – Respekt: SGB-Vizepräsidentin Alleva erinnert zum baldigen Frauenstreik an viele offene Rechnungen.

Fast 30 Jahre ist es her, da gingen tausende Frauen auf die Strasse und forderten am ersten Frauenstreik grundsätzliche Gleichberechtigung. In knapp vier Wochen streiken die Frauen wieder. Heute richtet sich ihr Fokus vor allem auf wirtschaftliche Nachteile.

Diskriminierung in Zahlen: 10 Mrd. Franken pro Jahr

660 Franken weniger pro Monat verdienen Frauen gemäss dem Bundesamt für Statistik. Selbst wenn sie die gleiche Ausbildung und die gleiche Erfahrung haben. Mit dieser Zahl spielt auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund und rechnet vor, dass diese Lohndiskriminierung bei allen Frauen zusammen einer jährlichen Benachteiligung von zehn Milliarden Franken entspricht.

Im Alter bedeute das ein Drittel weniger Rente, sagt Unia-Präsidentin und Vize-Präsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, Vania Alleva. Es gehe aber um weit mehr als nur um Lohn am 14. Juni, sondern auch um mehr Zeit für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Das bedeute Veränderungen bei Arbeitszeit und Erreichbarkeit. Und nicht zuletzt gehe es auch um Respekt beziehungsweise weniger Sexismus und gleiche Karrierechancen für Frauen.

Wir fordern Respekt – sprich weniger Sexismus – und gleiche Karrierechancen für Frauen.
Autor: Vania Alleva Unia-Präsidentin, Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB

Viele Forderungen sind nicht neu. Wenn es nicht vorwärts gehe, dann müsse man sie mit mehr Nachdruck und einem zweiten Frauenstreik fordern, betont Alleva. Denn seit dem ersten Frauenstreik vor 28 Jahren habe sich zu wenig getan – sowohl in der Politik wie auch in der Wirtschaft.

SGB-Präsidentin Vania Alleva.
Legende: SGB-Vizepräsidentin Vania Alleva: «Es geht um weit mehr als um Lohn am 14. Juni.» Keystone

Schneckentempo – trotz Gleichstellungsgesetz

Damals legte eine halbe Million Frauen ihre Arbeit nieder. Die unzähligen Lebensgeschichten, Fakten und Statistiken zeigten, dass es erneut einen Anstoss für mehr Bewegung in Sachen Gleichberechtigung brauche.

Alleva spricht das nach dem letzten Frauenstreik eingeführte Gleichstellungsgesetz an: «Trotzdem geht es immer noch im Schneckentempo voran, und die Gleichstellung in der Schweiz ist noch nicht gegeben.» Vor allem die wirtschaftliche Gleichstellung sei nicht da, wo sie sein sollte, sagte Alleva und schiebt die Verantwortung auch den Unternehmen zu.

Arbeitgeberverband räumt Lücken ein

Während der Schweizerische Gewerkschaftsbund und seine Mitglieder mitten in den Vorbereitungen stecken und Druck machen, gibt sich der Arbeitgeberverband relativ gelassen. Die Arbeitgeber schieben viele Punkte der Politik zu, räumen aber auch ein, dass die Unternehmen gefordert sind.

Ohne Zweifel brauche es Veränderung, sagt Daniella Lützelschwab vom Arbeitgeberverband: «Mütter, die gerne mehr arbeiten wollen, brauchen Rahmenbedingungen. Das sehen wir auch so – damit sie so einsteigen und das Pensum erhöhen können und auch höhere Löhne und höhere Renten erzielen können.»

Mütter, die gerne mehr arbeiten wollen, brauchen Rahmenbedingungen.
Autor: Daniella Lützelschwab Leiterin Ressort Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht beim Schweizerischen Arbeitgeberverband

Zu hoffen ist, dass das nicht leere Worte sind. Immerhin dürften Unternehmen in der Schweiz wegen des drohenden Fachkräftemangels ein Interesse daran haben, dass mehr Frauen zu höheren Pensen und in ihren eigentlichen Berufen arbeiten. Wie schnell die Unternehmen wohl etwas ändern werden und ob der Frauenstreik tatsächlich etwas ins Rollen bringen kann, ist offen. Ein Versuch müsse es auf jeden Fall wert sein, zeigen sich die Gewerkschaften heute kämpferisch.

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