Das Dreispitz-Quartier gilt als aufstrebender Stadtteil am Rand von Basel. Heute sind hier noch viele Firmen angesiedelt, in Zukunft soll ein Mix aus Wohnen, Arbeiten und Hochschulen entstehen. Mitten drin der Basler Jugend- und Kultursender Radio X.
Als Radio X am 19. April 1998 zum ersten Mal auf Sendung ging, sah es hier noch anders aus. Statt aus grosszügigen Räumen mit modernen Studios im hippen Stadtviertel sendete Radio X damals aus einem kleinen, improvisierten Studio in einer Druckerei mitten in der Stadt.
Radio X hatte ein paar schwere Kinderkrankheiten.
Radio X ging nach langem Kampf gegen die Bundesbehörden und die damaligen Radio-Platzhirsche in Basel und Liestal, Radio Basilisk und Radio Edelweiss, auf Sendung. Diese hatten gar keine Freude an der neuen Konkurrenz. «Radio X hatte ein paar schwere Kinderkrankheiten», erinnert sich Geschäftsführer und Gründer Thomas Jenny an die Anfangszeit zurück.
Zwölf Festangestellte und 150 Freiwillige
Man habe mehrere Kämpfe austragen müssen, um das Radio dorthin zu bringen, wo es heute ist. Nämlich ein fester Bestandteil der Basler Medienlandschaft, ein Alternativ- und Nischensender mit täglich rund 30'000 Hörerinnen und Hörern. Für die Konzession von Radio X kämpfte Jenny sogar bis vor Bundesgericht.
«Der Spirit und der Groove von 1998 sind nie verloren gegangen», betont Jenny, auch wenn sein Sender unterdessen zwölf Festangestellte sowie rund 150 Freiwillige beschäftigt. «Es macht sicher mehr Spass, einen funktionierenden Betrieb zu leiten, als jeden Tag ums Überleben zu kämpfen», sagt Jenny heute, rückblickend auf die schwierigen Anfangszeiten.
Ich bin kein Fasnächtler und ich bin kein FCB-Fan.
Als «Alternativsender» will Jenny Radio X auch heute nicht sehen. Seit den Gründungsjahren positioniert sich der Sender aber gerne auch mit Inhalten, die für Basel untypisch sind. «Ich bin kein Fasnächtler und ich bin kein FCB-Fan», sagt Jenny. Vielmehr hätte ihn die Kulturwelt interessiert und bald auch die Geschichten von Migrantinnen und Migranten. «Viele waren in den 90er-Jahren der Meinung: Basel hat noch ein anderes Medium verdient als jene, die es damals gegeben hat.»
Spezialsendungen von und für Migrantinnen und Migranten
Während sich andere Radiosender schon längst von Spezialsendungen verabschiedet haben, setzt Radio X auf Spartenprogramme wie Musik-Specials oder auf Sendungen für Migrantinnen und Migranten. Das jüngste Kind ist «Borsch FM», ein Programm für und von Flüchtlingen aus der Ukraine.
Aber hören junge Menschen überhaupt noch Radio oder hat sich nicht ein Grossteil der Jugend in die sozialen Medien verabschiedet? Jenny ist überzeugt: «Radio ist nach wie vor ein Medium, das von allen Generationen genutzt wird.»
Ein Ausbau der Präsenz in den sozialen Medien sei schwierig, weil die Konzessionsgelder des Bundes nicht dafür eingesetzt werden dürfen. Radio X erhält 700'000 Franken aus den Haushaltsabgaben für Radio und Fernsehen, 500'000 Franken nimmt Radio X selber über Stiftungen oder durch Sponsoring ein.
Wir werden uns sicher politisch dafür einsetzen, dass wir noch mehr Geld erhalten.
Radio X ist unterdessen definitiv im Erwachsenenalter angekommen. Oder wie es die Zeitung «bz Basel» vor kurzem umschrieb: «Ein Pubertierender aus gutem Haus, der nie ganz erwachsen wird.» Für Jenny bleibt trotzdem keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Lorbeeren wie der Integrationspreis und der Kulturpreis, welche der Sender in den letzten Jahren erhielt. «Wir werden uns sicher politisch dafür einsetzen, dass wir noch mehr Geld erhalten.»