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80 Jahre Juraschutzzone Wie ein Gewerkschaftshaus zur ersten Naturschutzzone führte

Sie ist eine Solothurner Spezialität, die Juraschutzzone. Was hier gebaut wird, soll «schön» sein.

Sie ist eine Solothurner Spezialität, die immer wieder zu reden gibt. Ob Windturbinen auf dem Grenchenberg, der Ausbau des Kurhauses auf dem Solothurner Hausberg Weissenstein, oder ein Gehege für die Wiederansiedlung von Wisenten: «Achtung, Juraschutzzone!» heisst es dann. Die Spezialität existiert seit 80 Jahren. Sie wurde 1942 eingeführt, lange bevor in der Schweiz Raumplanung zum Thema wurde.

Die Juraschutzzone umfasst rund 60 Prozent der Solothurner Kantonsfläche, 470 Quadratkilometer. Sie betrifft vor allem Landwirtschaftsland und Wald. «Es sind die schönen Gebiete des Kantons, der Jura, der Bucheggberg, im unteren Kantonssteil der Engelberg», sagt Markus Schmid, der seit 20 Jahren beim Kanton Spezialist für die Schutzzone ist.

Flachdach, nein danke!

«Es geht in der Zone nicht darum, ob man bauen darf, sondern dass es in die Landschaft passt», erklärt Schmid vom Kanton. Ein Hauptgebäude soll ein landschaftstypisches Satteldach aufweisen, Flachdächer sind in der Zone kaum erlaubt. Fassaden müssen aus natürlichen Materialien bestehen, ein Stall komplett in Blech ist nicht erwünscht.

Juraschutzzone seit 1942

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  • 1941 bauten Gewerkschafter auf dem Solothurner Jura oberhalb von Olten ein Clubhaus. Das störte die Bürgerlichen, worauf die Regierung die Schutzzone erliess.
  • Darin hiess es: «Bauten mit lediglich luxuriösem Zweck sind dort, wo sie die schöne Gegend verunstalten, nicht mehr zugelassen. Insbesondere sind dieser Verfügung die Ferienhäuschen unterstellt.»
  • Heute geht es «nur» noch darum, wie etwas auszusehen hat. Die Juraschutzzone verlangt Satteldächer und naturbelassene Materialien.
  • Der Kanton Solothurn zahlt betroffenen Bauherren Beiträge aus dem Natur- und Heimatschutzfonds, falls die Bauten wegen der Schutzzone teurer werden. Sie decken die Mehrkosten aber nicht zu 100 Prozent.

Als die Juraschutzzone eingeführt wurde, war dies schweizweit einzigartig. Der Kanton Solothurn gilt als Pionier im Kampf gegen die Verschandelung der Landschaft. Als in den 60er- und 70er-Jahren im grossen Stil Autobahnen oder Shopping-Center (z.B. Tivoli in Spreitenbach) gebaut wurden, hatte der Kanton Solothurn bereits seit über 25 Jahren eine Schutzzone, die der Landschaft Sorge tragen wollte.

Die Linken seien schuld

Auslöser für die Juraschutzzone soll der Bau des Naturfreunde-Hauses auf der Rumpelweid oberhalb von Olten gewesen sein. Dabei habe die Oltner Sektion der Naturfreunde, früher eine Freizeitorganisation der Gewerkschaften und linken Parteien, die Regierung ausgetrickst, schreibt Wolfgang Hafner in seinem Buch «Dort oben die Freiheit».

Einer der Naturfreunde gab vor, ein privates Ferienhaus bauen zu wollen. Nur so kamen sie an das Land. Als im November 1941 die telefonische Baubewilligung der Regierung eintraf, begannen die Naturfreunde sofort mit dem Hausbau. Als die Regierung zwei Wochen später die Baubewilligung zurückziehen wollte, weil der Heimatschutz Einsprache erhoben hatte, stand das Haus bereits. Wegen des dicken Nebels hatte im Flachland niemand bemerkt, dass auf dem Berg gebaut worden war.

Ausgerechnet Linke dürfen an einem der schönsten Plätze im Solothurner Jura ein Haus bauen? Das passte den Bürgerlichen gar nicht. Der Baudirektor kam unter Druck und schuf deshalb die Juraschutzzone. «Bauten mit lediglich luxuriösem Zweck sind dort, wo sie die schöne Gegend verunstalten, nicht mehr zugelassen. Insbesondere sind dieser Verfügung die Ferienhäuschen unterstellt», hiess es fortan.

Nicht nur heile Welt

Heute sind vor allem Landwirtinnen und Landwirte von der Juraschutzzone betroffen. Sie müssen darauf achten, dass ihre Gebäude «schön» sind. Das verteuert den Bau, kritisiert etwa Annekäthi Schluep, Bäuerin und ehemalige Kantonsrätin. Wenn der Standort jedes Futtersilos geregelt werde, werde es für die Bauern mühsam.

Den Wagenschopf hätten wir mit einem Pultdach gebaut, mussten aber ein Satteldach verwenden.
Autor: Annekäthi Schluep Landwirtin aus Schnottwil

Schlueps Schopf in Schnottwil (SO) passt jetzt zwar in die Landschaft, aber nicht alle hohen Fahrzeuge passen in den Schopf. Die Landwirtschaft funktioniere heute einfach nicht mehr wie zu Gotthelfs Zeiten, kritisiert Schluep und verlangt, dass die Mehrkosten abgegolten werden.

Weitere Schutzzonen in der Schweiz

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Es gibt punktuelle Schutzzonen in der Schweiz: Die Schutzzone Monte Rosa im Walliser Hochgebirge – umfasst auch das Matterhorn – oder die Hallwilerseeschutzzone im Aargau zum Beispiel. Im Kanton Graubünden gibt es strenge Auflagen für Bauten im geschützten Nationalpark. In Basel sind ganze Gebäudegruppen in einer Stadt- und Dorfbild-Schutzzone, die historische Ensembles schützen soll. Meist sind in der Schweiz Bauten in der Gewässerschutzzone nicht erlaubt.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 20.06.2022, 17:30 Uhr ; 

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