Der Fall eines Aargauer Baukartells zieht weitere Kreise. Die Wettbewerbskommission Weko büsste 17 Baufirmen, weil sie sich bei ihren Offerten für Aufträge im Aargauer Strassen- und Tiefbau abgesprochen hatten. Die Weko sprach im Jahr 2011 deshalb Bussen von insgesamt vier Millionen Franken aus.
Vier der gebüssten Baufirmen zogen den Weko-Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Dieses hat die Bussen jetzt heruntergesetzt. Zudem entschied das Gericht in zwei wichtigen Grundsatzfragen.
Absprache bei der Offerten-Eingabe
Das Aargauer Baukartell war zwischen 2006 und 2009 tätig. Es funktionierte ohne regelmässige Treffen aller Baufirmen, die Zusammensetzung der beteiligten Firmen änderte von Fall zu Fall. Einige der Unternehmen reichten jeweils eine Stützofferte mit einem zu hohen Preis ein, damit eine andere Baufirma den Auftrag dann zum gewünschten Preis erhielt.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte vor allem Einzelfälle zu begutachten – insgesamt deren 137 Fälle Stück. 95 Fälle hat das Gericht jetzt bestätigt. In 41 Fällen aber waren die St.Galler Richter der Ansicht, dass die Beweise nicht für eine Verurteilung reichen.
Ein einziger Beweis ist nicht genug
Als zentraler Beweis diente der Wettbewerbskommission die Liste einer Baufirma, die am Kartell beteiligt war. Sie hatte alle ihre Stützofferten notiert und reichte als erste der betroffenen Baufirmen Selbstanzeige ein. Im Gegenzug zu dieser Rolle als Kronzeugin entging sie einer Busse.
Anders als der Weko reicht dem Bundesverwaltungsgericht diese Liste als alleiniges Beweismittel aber nicht aus. Weil die Weko keine weiteren Beweise beibrachte, wurden die Schuldsprüche deshalb in 41 Fällen aufgehoben. Die Bussen für die vier Baufirmen werden heruntergesetzt, von insgesamt 2,8 auf 1,9 Millionen Franken.
Konkretisierte Vorgaben für die Weko
Die Weko müsse nach diesem Urteil ihr eigenes Vorgehen anschauen, sagt Patrick Ducrey, stellvertretender Direktor des Weko-Sekretariats. Es sei jedoch so, dass die Weko ihre Praxis seit dem Entscheid von 2011 stetig weiterentwickelt habe. «Wir werden jetzt analysieren, ob die Bewertung des Bundesverwaltungsgerichts bereits in unserer heutigen Praxis vorhanden ist.»
In einer anderen Grundsatzfrage stärkt das Bundesverwaltungsgericht der Weko aber den Rücken. Bislang büssten die Wettbewerbshüter auch versuchte Absprachen, die keinen Erfolg hatten. Schon der Versuch einer Absprache ist also strafbar. Das wurde nun erstmals von einem Gericht bestätigt, betont Ducrey. Deshalb: «Wir können diese Praxis so weiterführen.»
Weiterzug ans Bundesgericht möglich
Das Bundesverwaltungsgericht sorgt mit seinem Urteil also für klarere Regeln im Kampf gegen Kartelle in der Schweiz. Sowohl die Weko wie auch die vier Baufirmen können den Richterspruch allerdings noch ans Bundesgericht weiterziehen.