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Aargauer Wahlen 2020 Die Ausgangslage: Die Mitte wittert Morgenluft

Ginge es nach den Erfahrungswerten der letzten Jahre, wäre es ganz klar: Die Grünen und die Grünliberalen werden die grossen Gewinnerinnen sein bei den Wahlen. Sie haben nämlich bei den Nationalratswahlen Ende 2019 «abgeräumt». Die Grünen legten um über 4, die GLP um über 3 Prozentpunkte zu.

Die SVP verlor fast 6.5 Prozentpunkte. Die Erfahrung zeigt, dass sich solche Trends in den darauf folgenden Wahlen in die Kantonsparlamente fortsetzen, auch wenn die langjährige Entwicklung bei den kantonalen Wahlen diesen Trend noch nicht anzeigt (vgl. Grafik).

Doch das dominierende Thema des nationalen Wahlkampfs 2019, der Klimawandel, hat massiv an Aktualität verloren. Die Corona-Krise dominiert nun alle Bereiche des Lebens. Die Ausgangslage präsentiert sich damit neu und vor allem als sehr unberechenbar.

Grüne Welle trotz Corona?

Die Grünen des Kantons Aargau rechnen allerdings trotz oder gerade wegen Corona mit einem Zuwachs von 10 auf mindestens 12 Sitze. Es könnten sogar 15 Sitze drinliegen, also eine Steigerung um 50 Prozent, sagt Grünen-Präsident Daniel Hölzle im Gespräch mit SRF. Corona sei auf dem Hintergrund des Raubbaus an den natürlichen Ressourcen zu sehen. Mache man so weiter, seien Pandemien schon fast an der Tagesordnung.

Auch die Grünliberalen sind fest davon überzeugt, im Oktober 2020 Sitze zu gewinnen im Aargauer Grossen Rat. Sie peilen einen Sprung von aktuell sieben auf zwölf Sitze an. Allerdings: Dieses Ziel ist ziemlich ambitioniert - auch wenn die GLP mit vielen jüngeren Kandidierenden einen modernen Wahlkampf mit neuen Medien führt.

Neuer Schwung in der Mitte

Und im Bunde der drei Parteien, die sicher mit Gewinnen rechnen, ist auch die CVP Aargau. Seit Jahren verliert sie Wähleranteile. Doch im November 2019 wendete sich das Blatt: Die CVP steigerte den Stimmenanteil bei den nationalen Wahlen massiv von 8.6 auf 9.9 Prozent. Sie hofft, dass sich dieser Trend im Grossen Rat fortsetzt.

Die CVP startete mit 17 Sitzen in die Legislatur 2017 bis 2020. Am Ende hatte sie 19 Sitze. Der Grund: Die BDP hatte im Frühling 2020 bekannt gegeben, dass sie nicht mehr zur Wahl in den Grossen Rat antreten werde. Zwei ihrer vier Grossräte wechselten dann per sofort in die Fraktion der CVP. Die CVP hofft nun, dass sie im Oktober 2020 alle 4 Sitze der BDP holen kann.

Wer profitiert vom Ende der BDP?

Allerdings: Das Verhalten der BDP-Sympathisanten ist sehr schwierig einzuschätzen. Dass sie gleich alle zur CVP wechseln, ist eher unrealistisch. Es könnte auch sein, dass die BDPler gar nicht mehr an die Urne gehen. Oder sie wechseln zu verschiedenen anderen Parteien.

Eine der Parteien, die einen Zugewinn vonseiten BDP zumindest nicht ausschliesst, ist die FDP.Die Liberalen Aargau. Sie hat aktuell 22 Sitze im Grossen Rat. Parteipräsident Lukas Pfisterer gibt sich im Gespräch mit SRF vorsichtig. Die Sitze zu halten und vielleicht etwas zuzulegen, sei sein Ziel. Die Vorsicht ist berechtigt.

In den nationalen Wahlkampf 2019 ging die FDP mit sehr viel Selbstvertrauen. Sie hatte viele junge Kandidierende auf der Liste, die im Wahlkampf enorm aktiv waren. Der Kater war dann um so grösser, als die Partei sogar einen ihrer 3 Sitze im Nationalrat verlor. Das Debakel kann man sich nur damit erklären, dass die FDP im alles dominierenden Thema «Klimawandel» nicht den richtigen Tritt oder Ton gefunden hatte.

Die FDP Aargau hofft, dass ihr bei der Grossratswahl 2020 ihre Kompetenz als Wirtschaftspartei helfen könnte. Die Corona-Krise sei eine Wirtschaftskrise, argumentiert die Partei. Und in einer solchen Situation sei eine Partei gefragt, die in Wirtschaftsfragen kompetent sei.

Die grosse SVP hat keine grossen Hoffnungen

Ungewohnt bescheiden gibt sich die SVP Aargau in ihren Wahlkampf-Prognosen. Die mit Abstand grösste Partei des Aargaus würde sich glücklich schätzen, wenn sie ihren Wähleranteil von 32 Prozent (Wahlen 2016) halten könnte. Doch danach sieht es nicht aus.

Bei den Nationalratswahlen tauchte die Partei massiv, sie verlor fast einen Fünftel ihrer Wählerinnen und Wähler. Der neue Parteipräsident Andreas Glarner sagte nach der Wahl, die SVP sei ein «Sanierungsfall». Die Wahl 2020 müsse er schon mal «abhaken». Aller Voraussicht nach wird die SVP also Sitze verlieren.

Die Sozialdemokraten des Aargaus blicken den Wahlen mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie legten die den Nationalratswahlen 2019 ganz leicht zu, sie gewannen sogar einen zusätzlichen Sitz. Diesen reklamieren aber eigentlich die Grünen für sich. Sie sagen, die SP hätte ihn nur dank der Listenverbindung mit ihnen geholt.

Mit sehr viel Schub aus nationalen Wahlen kann die SP also nicht rechnen. Aber sie hofft, dass in einer Krisenzeit wie Corona die Menschen auf eine Partei setzen, die soziale Sicherheit verspricht und staatliche Investitionen in die Wirtschaft. Aller Voraussicht nach bleibt die SP mit aktuell 27 Sitzen die zweitstärkste Kraft im Grossen Rat.

Wenig Bewegung bei EVP und EDU

Die EVP hat aktuell sechs Sitze im Parlament. Sie erwartet keine grossen Veränderungen, obwohl auch sie auf ehemalige BDP-Stimmen hofft. Bei den nationalen Wahlen im letzten Herbst konnte sie wieder ein Mandat im Nationalrat gewinnen. Allerdings fehlt ihr damit das «Zugpferd» Lilian Studer nun im kantonalen Wahlkampf.

Ebenfalls bescheiden gibt sich die kleine Eidgenössisch-Demokratische Union EDU . Sie hat lediglich zwei Sitze im Parlament und möchte diese verteidigen, was ihr durch eine solide Wählerbasis in den Bezirken Kulm und Zofingen gelingen könnte.

SRF1, Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr, 31.08.2020 ff. ; 

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