Schön war sie nie, die Berner Festhalle, die nun der Abrissbirne zum Opfer fällt. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie als Provisorium errichtet, sie war ein grauer Betonklotz und versprühte den Charme einer Baracke.
Und trotzdem: Für ganze Generationen von Bernerinnen und Bernern war sie der Rocktempel schlechthin.
In den 1970er-Jahren spielten hier die Rolling Stones (1973), Johnny Cash gab sich die Ehre (1975) und Boney M. standen auf der Bühne (1978).
Strom-Gitarren und Schunkellieder
In den 1980ern liessen die Elektro-Gitarren von The Clash (1984) und Metallica (1988) die Stützpfeiler erzittern. In den 1990er-Jahren war Schunkeln angesagt: Zu «Honest Worker» von der Kelly Family (1991) und «Se bastasse una canzone» von Eros Ramazotti (1990) – die Sanität war stark gefordert, so manchem Teenager-Herz war die Aufregung wohl zu viel, wie die SRF-Sendung 10vor10 damals berichtete.
Für besonderes Aufsehen hatten aber bereits 1968 die Brüder Gibbs mit ihrer Formation «Bee Gees» gesorgt – obwohl sie für ihre Schmusesongs bekannt waren, gab es bei ihrem Berner Konzert eingeschlagene Fensterscheiben und Verletzte.
«Die Festhalle war damals noch bestuhlt. Einige machten aus den Stühlen Kleinholz», erzählt Konzertveranstalter Patrick Linder, der das Konzert selber miterlebte.
Danach war die Halle für Live-Musik gesperrt, doch Patrick Linder gelang es trotzdem, Jahre später, dort wieder Konzerte zu veranstalten. Als erste Band holte er 1971 die britische Band Jethro Tull nach Bern.
«Dafür musste ich aber eine spezielle Versicherung über einen fünfstelligen Betrag abschliessen», so Linder. Idealismus und viel Risiko, so könne man diese Zeit beschreiben.
Nach dem Tanzschweiss kam die Corona-Impfung
Während die Bands auf der Bühne für grosse Gefühle sorgten, wurde die Festhalle immer älter und maroder. Neue Grossveranstaltungen fanden in der Halle ein Zuhause: So lockte etwa das Barstreet Festival während 20 Jahren Trink- und Feierlustige auf die Berner Allmend. Bis auch diese Events nicht mehr stattfinden konnten – der Brandschutz war nicht mehr gewährleistet.
Ein unerwartetes Comeback gab die «alte Dame» dann in der Pandemie: Zuerst fanden die Stadträte und Grossrätinnen einen Zufluchtsort mit genügend Abstand für ihre Sitzungen und Sessionen.
Im Mai 2021 wurde die Festhalle schliesslich zum grössten Impfzentrum des Kantons Bern – bis zu 5000 Impfungen wurden hier täglich verabreicht.
Im Jahr 2021 wurden die Pläne für einen Neubau konkret: Stadt und Kanton Bern finanzieren mit je 15 Millionen Franken den Neubau mit. Insgesamt wird die neue Festhalle rund 95 Millionen Franken kosten, unter anderem stammt das Geld von privaten Investorinnen und Investoren.
Die neue Festhalle soll multifunktionell sein und Platz für bis zu 9'000 Personen bieten. Neben Konzerten, Shows, Sportveranstaltungen und Musicals sollen auch Fernsehsendungen über die Bühne gehen. Damit will sich Bern weiterhin als Messe- und Kongressstadt behaupten. Die Eröffnung ist für Frühling 2025 geplant.