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Abfallentsorgung in Basel Hitzige Debatte um Unterflurcontainer

  • Nach langem Streit beginnt 2026 im Basler Bachletten-Quartier ein Versuch mit versenkten Abfallcontainern.
  • Es ist der erste grosse Quartier-Test am Rheinknie – in neueren Überbauungen sind punktuell schon diverse Unterflurcontainer im Einsatz.
  • Andernorts sind versenkte Abfallsammelstellen unbestritten – in Basel wird intensiv um die Ablösung der zwei wöchentlichen Kehrichtwagen-Sammeltouren gestritten.
  • Im Basler Bachletten-Quartier graben derzeit Bauarbeiter tiefe Löcher für Unterflurcontainer. Im nächsten Jahr probiert das Quartier diese Art der Abfallentsorgung ein Jahr lang aus, für die ganze Stadt.

Komfort-Argumente dafür und dagegen

Container unter dem Boden haben für den Kanton und die Bevölkerung Vorteile: Die Leute können ihren Abfall rund um die Uhr entsorgen, müssen also keinen müffelnden Sack daheim aufbewahren, bis der Kehrichtwagen wieder vor der Haustüre vorbeifährt.

Blaue Basler Abfallsäcke
Legende: Heute wird der Abfall in der Stadt Basel zweimal pro Woche abgeholt. Keystone / Georgios Kefalas

Die Stadtreinigung muss seltener ausrücken, nämlich nur dann, wenn ein Container voll ist. Zudem soll eine einfache Trennung von Abfall für die Verbrennung und fürs Recycling möglich werden.

Krähen und andere Tiere reissen Säcke auf den Strassen auf und verteilen den ganzen Abfall.
Autor: Markus Müller Leiter Stadtreinigung BS

Laut dem Leiter der Stadtreinigung, Markus Müller, löst das neue System mit geschlossenen Containern auch ein tierisches Problem: «Wir haben ja in der Stadt Krähen und andere Tiere, welche die Säcke aufreissen und den ganzen Abfall auf der Strasse verteilen.» Solches zu reinigen koste auch Geld.

Müllabfuhr-Lastwagen in Orange
Legende: Die elektrischen Müllwagen sind leiser als die früheren Diesel-Laster. Bei Sammelcontainern müssen sie aber nicht zwingend zweimal pro Woche vorbeifahren, sondern erst, wenn diese voll sind. Keystone / Georgios Kefalas

Im Quartier haben die künftigen Container jedoch nicht nur Freunde. Hässlich seien die Container, sagen manche. Andere sehen Nachteile für Menschen, die nicht gut zu Fuss sind.

Die Sammelcontainer stehen gemäss Versuchsanordnung maximal 100 Meter von jeder Haustüre entfernt. Das klappt nur fast perfekt; auch Einsprachen der Gegnerschaft haben zu Korrekturen am Standortnetz geführt.

Zwei Menschen werden Abfallsäcke in Container
Legende: Am anderen Ende der Stadt, in der Überbauung Erlenmatt, gibt es bereits Unterflurcontainer. ZVG: Bau- und Verkehrsdepartement

Müller entgegnet, wer wegen Einschränkungen schon Hilfe brauche, könne dieser ja auch den Sack anvertrauen. Bei Problemen bietet die Stadtreinigung einen Augenschein und Beratung vor Ort an.

Es wird nicht weniger Dreck geben.
Autor: Philip Karger Grossrat LDP

Einer der Gegner im Test-Quartier ist LDP-Grossrat Philip Karger. Er berichtet von viel Dreck rund um bestehende Recycling-Stationen und Sammelcontainer im Boden. «Es verlagert sich hin zu den Unterflurcontainern, aber es wird nicht weniger Dreck geben.» Überhaupt sei dieses Quartier mit vielen Einfamilienhäusern schlecht geeignet für so einen Versuch.

Lange Leidensgeschichte

Mittlerweile seit elf Jahren wird in Basel hin und her debattiert über den Kehricht-Systemwechsel. Zunächst wollte die Regierung gleich in der ganzen Stadt auf Unterflurcontainer umstellen. Das führte zu Widerstand, das Parlament bewilligte nur halb so viel Geld wie beantragt. Das Parlament wollte lieber das neue Konzept testen und parallel die alte Entsorgung mit Lastwagen weiterführen.

Kaum Aufregung in Zürich und Bern

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In der Stadt Zürich gilt seit über 20 Jahren eine Containerpflicht für Hauskehricht. Installiert werden möglichst Unterfluranlagen – insgesamt 508 grosse Container stecken inzwischen im Stadtboden; kleinere oberirdische Rollcontainer seien daneben fast 30'000 im Einsatz. Unterflurcontainer seien beliebt und optisch diskret, heisst es auf Anfrage.

Auch im Kanton Bern macht man gute Erfahrungen mit Unterflurcontainern. Das zeigten Rückmeldungen von Gemeinden und Entsorgern, berichtet die kantonale Fachstelle. In Bern wie in Zürich ist zu erfahren, dass Einsprachen meist nicht auf den Typ der Container zielten, sondern dass jeweils der genaue Standort missfalle.

Diese Lösung wäre wiederum so teuer geworden, dass die Regierung dem Parlament davon abriet. Als die Sache vor das Stimmvolk kam, lehnte dieses die Vorlage ab. Unklar bleibt aber, wieso das Volk damals Nein sagte - ob es ein Nein zu den Containern war oder ein Nein zur teuren Doppellösung. Deshalb wird jetzt eben getestet.

Leidenschaftliches Streiten um Müll

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Unterirdische Recycling-Sammelstelle
Legende: Für Altglas, alte Konservendosen und andere wieder verwertbare Materialien hat es in Basel schon lange diverse Sammelstellen mit versenkten Containern. Hier stehen links graue Solarpresskübel daneben. Keystone / Georgios Kefalas

Aus der Ferne mag das Gezerre in Basel um unterirdische Abfall-Sammelstellen erstaunen, zumal solche punktuell in der Stadt bereits in neuen Überbauungen installiert sind. Gemäss Kanton ist das 24/7 nutzbare System dort bei den Leuten sehr beliebt.

Vielleicht ist das Streiten um Müll ja eine Rheinknie-Spezialität: Intensive Diskussionen lösten vor ein paar Jahren schon so genannte Solarpresskübel aus, als diese in der Innerstadt aufgestellt wurden. Diese grossen, mit Solarzellen bestückten Klappen-Mistkübel hätten dank mehr Stauraum und automatischer Füllstandsmeldung die Strassen und das Rheinbord sauberer machen sollen.

Nach anhaltendem Widerstand primär wegen der Ästhetik und gelegentlichen Fehlfunktionen kapitulierte die Basler Stadtreinigung. Sie sammelte die Solarpresskübel wieder ein und montierte wieder schicke kleine Edelstahlmistkübel. Dies leert sie teils mehrmals täglich.

Eigentlich hatte das baselstädtische Parlament 1.7 Millionen Franken für einen grossen Versuch bewilligt. Nach dem langen Gezerre reicht dieses Geld nur noch für einen kleineren Versuch mit 19 statt 27 Containern. Fällt das Echo negativ aus, werden auch diese 19 Unterflurcontainer wieder ausgegraben, verspricht Müller.

Regionaljournal Basel Baselland, 3.6.2025, 17:30 Uhr ; 

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