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Abschaffung des Eigenmietwerts Ist die Trendwende bereits eingeläutet?

Seit Jahren scheitert jeder Anlauf, die Eigenmietwert-Steuer abzuschaffen. Diese Woche hat die Wirtschaftskommission einen neuen Anlauf zur Ablösung beschlossen. Der Weg dorthin bleibt aber noch lang und steinig.

Der Eigenmietwert

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Der Eigenmietwert ist eine fiktive Mietzinseinnahme auf selbst bewohntem Wohneigentum, die der Einkommenssteuer unterliegt. Im Gegenzug können Schuldzinsen und Unterhaltskosten abgezogen werden. Das führt zu einer im internationalen Vergleich hohen Verschuldung der Privathaushalte.

Das gab es noch nie: Einstimmig stellt die Wirtschaftskommission des Nationalrats diese Woche die Weichen in Richtung Abschaffung des Eigenmietwertes. Damit sei ein glasklares Zeichen gesetzt, meint Kommissionspräsidentin und SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. Ein Zeichen, das die Trendwende einläuten könnte.

Die SP-Nationalrätin selber würde am liebsten nicht nur die Eigenmietwertsteuer abschaffen, sondern auch sämtliche Abzugsmöglichkeiten für Unterhalt und Schuldzinsen. So weit will die Wirtschaftskommission nicht gehen. Zugestimmt hat sie einem Vorschlag, der möglichst allen gerecht zu werden versucht: Hauseigentümerinnen, Mietern, aber auch dem Fiskus, dem keine Mindereinnahmen entstehen sollen.

Niemand will etwas verlieren – namentlich die Hauseigentümer nicht, die bislang stets gewisse Abzugsmöglichkeiten beibehalten wollten. Das ist heute anders: Erstmals hat der Hauseigentümerverband (HEV) im Frühling bekannt gegeben, er beharre nicht auf Abzügen.

Abzug für Ersterwerber?

Dennoch gelte es, an die Wohneigentumsförderung in der Verfassung zu denken, sagt Monika Sommer vom HEV. «Wohneigentum in der Schweiz ist nun mal teuer. Man ist auf Hypotheken angewiesen. Darum wäre es auch ein guter Anreiz, wenn ein Teil dieser Schulden in einer Anfangsphase abgezogen werden könnte.»

Ein neuer Abzug also für Ersterwerber – dem verschliesst sich auch SP-Nationalrätin Leutenegger nicht. Sie betont zwar, sie sei grundsätzlich gegen Abzüge. Aber denkbar wäre für sie, «dass man bei ganz tiefen Einkommen und Ersterwerbern für einen bestimmten Zeitraum einen Schuldzinsabzug zulassen könnte.»

Wir müssen auch prüfen, dass aufgrund von fehlenden Abzugsmöglichkeiten der Unterhalt der Liegenschaften nicht vernachlässigt wird.»
Autor: Hans-Ulrich Bigler Gewerbeverbands-Direktor

Profitieren könnten Personen mit Einkommen bis 70'000 Franken für fünf bis zehn Jahre, so Leutenegger. Die Abzüge für Unterhaltsarbeiten wiederum behält der Gewerbeverband im Auge: Maler, Sanitäre, Schreiner – sie alle leben auch davon, dass Eigentümer ihre Häuser im Schuss halten. Zwar sagt Gewerbeverbands-Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler, die Eigenmietwert-Steuer müsse weg. Aber: «Wir müssen vor allem auch prüfen, dass aufgrund von fehlenden Abzugsmöglichkeiten der Unterhalt der Liegenschaften nicht vernachlässigt wird.»

Bund entgingen 400 Millionen

Ganz andere Sorgen haben die Finanzdirektoren der Kantone. Würden der Eigenmietwert und alle Abzüge heute abgeschafft, entstünden allein beim Bund 400 Millionen Franken, hat der Bundesrat soeben berechnet. Nach einer Faustregel wären die Ausfälle bei Kantonen und Gemeinden doppelt so gross – also 800 Millionen.

Kein Wunder, sagt der Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, Charles Juillard: «Man muss nun vorsichtig vorgehen, denn es gibt noch viele andere Steuerreformen.» Steuerprojekte wie die Unternehmenssteuerreform oder höhere Abzüge für Kinderbetreuung seien bereits aufgegleist. Das alles sorge bereits für Mindereinnahmen.

Banken halten Anpassung für unnötig

Skeptisch zeigen sich auch die Banken. Sie verdienen Geld mit den Schuldzinsen ihrer Kunden. Gibt es dafür keine Abzüge mehr, zahlen Hauseigentümer ihre Schulden schneller ab – das könnte bei den Banken die Einkünfte aus Schuldzinsen schrumpfen lassen. Gleichzeitig würde das die Verschuldung senken, und damit würde das Schweizer Finanzsystem als Ganzes sicherer, krisenfester, hielt eine Expertengruppe im Auftrag des Bundesrats unlängst erneut fest.

Die Banken kontern hingegen, sie vergäben bereits heute ihre Hypotheken nur nach strengen Kriterien. Sindy Schmiegel von der Bankiervereinigung: «Die Banken haben zusätzlich noch Massnahmen getroffen, um Risiken vorzubeugen. Wir beobachten im Markt, dass diese Massnahmen tatsächlich wirken. Das führt uns zu dem Urteil, dass wir heute keine Notwendigkeit sehen, dieses Bewertesystem anzupassen.»

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