Kurz nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima im März 2011 gab Energieministerin Doris Leuthard den Atomausstieg der Schweiz bekannt: Künftig sollten keine neuen AKWs mehr gebaut werden. Ihren Vorstellungen zufolge sollten in einer «Übergangsphase ein bis zwei Gaskraftwerke» den mit dem schrittweisen Abschalten der AKW wegfallenden Atomstrom ersetzen.
Lenkungsabgaben und LED-Lampen
Leuthards damaliger Energieberater Walter Steinman propagierte zugleich die Einführung von Lenkungsabgaben auf Strom: Dieser sollte teurer werden, damit das Stromsparen attraktiver werde. «Lenkungsabgaben werden von Ökonomen immer wieder eingeführt um aufzuzeigen, in welche Richtung es gehen müsste», begründete er.
Steinmann brachte auch die Idee ins Spiel, dass ausgerechnet Stromkonzerne die Bevölkerung zum Stromsparen zwingen sollten: «Beispielsweise, indem sie den Konsumenten LED-Lampen zu günstigen Konditionen anbieten», sagte er etwa – kurz nach dem Gau von Fukushima.
Keine Prognose für 2050 möglich
2013 kam die erste Ernüchterung: Energieministerin Leuthard gab zu, dass man keine verlässlichen Prognosen über die Stromversorgung bis 2050 machen könne: «Ich bin leider keine Göttin – und kann das nicht voraussehen», gab sie zu Protokoll. Sie sei es gewohnt, das zu machen, was sie «einigermassen abschätzen» könne.
Kurz darauf kam die Energiewende ins Parlament. Dort stritten die National- und Ständeräte über verbindliche Ablaufdaten für alte AKWs, oder darüber, ob diese am Tag X vom Netz müssen. So argumentierte etwa SP-Nationalrat Max Chopard, dass die Atomkraftwerke in der Schweiz «nicht für eine Laufzeit von über 50 Jahren gebaut» worden seien.
Die Energiestrategie 2050 ist im Parlament gestorben.
Doch bei der Beratung zogen die Parlamentarier vielen Ideen den Stecker: Sie wollten keine verbindlichen Laufzeiten für die bestehenden AKWs, keine Stromspar-Abgabe, keinen Sparzwang für Stromkonzerne. Und auch die von Leuthard 2011 ins Spiel gebrachten Gaskraftwerke waren nun kein Thema mehr.
Von der angekündigten Energiewende blieb nur wenig übrig. Stattdessen soll es mehr Subventionen und mehr Steuerabzüge geben. «Die Energiestrategie 2050 ist im Parlament gestorben», sagt denn auch der grüne Nationalrat Bastien Girod.
Die Energiestrategie hat nur noch einen Kitt: Subventionen.
Das Ergebnis der fünf Jahre dauernden Diskussionen finden aber auch die Gegner der Energiewende in der rechten Ratshälfte schlimm: «Ich kann mir den Vorwurf nicht ersparen, dass die Energiestrategie nur noch einen Kitt hat: Der heisst Subventionen», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen.
Geht es am 21. Mai also um zu wenig Energiewende – oder doch um zu viel? Das Stimmvolk hat das letzte Wort.
Sendebezug: HeuteMorgen vom 02.05.2017