In der Waadt wird am 4. März über eine obligatorische Zahnversicherung abgestimmt. Die Versicherung soll über den Lohn finanziert werden.
Grund für die Initiative ist gemäss SP-Grossrätin Sonya Butera die Tatsache, dass zwischen 5 und 20 Prozent der Bevölkerung aus finanziellen Gründen auf einen Zahnarztbesuch verzichten. Dies zeigten verschiedene Studien. «Viele Leute gehen nur im äussersten Notfall zum Zahnarzt und dann ist der Schaden meist schon gross, was zu noch höheren Kosten führt.»
Dabei seien gesunde Zähne essentiell für das Wohlbefinden und durch eine gute Prävention könnten viele Probleme gelöst werden, so die SP-Politikerin, die selber Zahnärztin ist.
Zahnarztgesellschaft mischt sich ein
Die Initiative ist im Kanton Waadt umstritten. Sie wird nicht nur von Arbeitgeberseite und von den bürgerlichen Parteien bekämpft, sondern auch von der Waadtländer Zahnarztgesellschaft. Alle Mitglieder mussten nach dem Beschluss der Nein-Parole einen finanziellen Beitrag an die Kampagne leisten.
Eine obligatorische Zahnversicherung für alle sei nicht zielführend, sagt der Präsident Bertrand Dubrez: «Wir wissen, dass für einen kleinen Teil der Bevölkerung Handlungsbedarf besteht, und da sollte auch etwas unternommen werden, aber mit der Giesskanne die ganze Bevölkerung zu unterstützen, ist nicht das richtige.»
Ausserdem befürchten die Zahnärzte, dass eine solche Versicherung zu einem starken Anstieg der administrativen Tätigkeiten führen würde und die Zahnärzte in ihrer Freiheit beschränke, durch einen vom Kanton ausgearbeiteten Leistungskatalog.
Immer mehr können sich einen Zahnarztbesuch nicht leisten
Dem entgegnen die Initianten, dass während vier Jahren andere Vorschläge diskutiert worden seien, diese aber vom Parlament am Ende verworfen worden sind. Die Waadtländer Regierung, die mit ihrem Gegenvorschlag zur Initiative nicht durchkam, hat deshalb beschlossen, nun die Initiative zu unterstützen.
Bei einem Besuch bei der schweizweit einzigartigen Stiftung «Point d’Eau» in Lausanne, zeigt sich: Das Angebot für bedürftige Personen, für 40 Franken eine Zahnbehandlung zu erhalten, wird rege genutzt. «Die Nachfrage ist so gross, dass wir unbedingt mehr Volontäre bräuchten und am besten grössere Infrastrukturen», sagt der Direktor François Chéraz.
Es kämen immer mehr einheimische Leute vorbei, die sich den Zahnarztbesuch nicht leisten könnten. «Gerade vor kurzem hatte ich einen geschiedenen Familienvater, der mit einem Kostenvoranschlag von mehreren tausend Franken kam und total verzweifelt war. Er hat einen anständigen Lohn, aber als wir einberechnet haben, was er an Familienunterhalt zahlen muss, haben wir verstanden, dass er Hilfe braucht.»
In Lausanne existiert ein Angebot für Menschen mit beschränkten finanziellen Mitteln und auch für Kinder. Allerdings seien die Unterschiede im ganzen Kanton enorm, und deswegen wäre eine kantonale Regelung genau richtig, findet SP-Grossrätin Sonya Butera.
Ein schweizweit einzigartiger Vorschlag, der aber noch viele Fragen offenlässt. Gibt es einen Selbstbehalt für die Behandlungen? Werden Zahnimplantate auch von der Versicherung übernommen? Und was passiert bei Personen, die im Kanton Waadt leben, aber ausserhalb arbeiten?
Diese Fragen würde das Parlament nach der Abstimmung klären, falls es vom Stimmvolk den Auftrag erhält, eine obligatorische Zahnversicherung ins Leben zu rufen.