Darum geht es: Die öffentliche Sozialhilfe soll dafür sorgen, dass niemand in der Schweiz in absolute Armut gerät. Wer nicht in der Lage ist, für sich oder seine Familie aufzukommen, hat Anrecht auf finanzielle Unterstützung. Im Kanton Uri wurde das Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe seit zwölf Jahren nicht mehr überarbeitet. Da sich die Sozialhilfe seither schweizweit und kantonal verändert und professionalisiert habe, sei eine Gesamtrevision notwendig, argumentiert die Regierung.
Das soll sich ändern: Viele der Änderungen sind formaler Natur. Andere sind aber durchaus bedeutsam. So müssen Minderjährige oder junge Erwachsene in einer Erstausbildung die erhaltene Sozialhilfe künftig nicht mehr zurückerstatten. Zudem erhalten Gemeinden neu das Recht, Sozialinspektoren einzusetzen. Das, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass jemand zu Unrecht Sozialhilfe bezieht. Und: Wer Sozialhilfe beantragt, muss damit rechnen, künftig geringere Unterstützung zu erhalten, wenn er oder sie in den zehn Jahren davor Geld verschenkt oder sonst freiwillig auf einen Teil des Vermögens verzichtet hat.
Das sagen die Gegner: Vor allem die Sozialinspektoren und die Anrechnung eines freiwilligen Vermögensverzichts stossen auf Kritik. «Sozialdetektive sind unnötig», sagt Jonas Bissig, Co-Leiter der Urner SP. Im kleinräumigen Kanton Uri sei die soziale Kontrolle streng, die Menschen wüssten, wer Sozialhilfe beziehe und warum. Betrügereien seien da schwierig. «Die Kosten für diese Detektive stehen in keinem Verhältnis zu den möglichen Einsparungen», sagt Bissig. «Zudem ist es unhaltbar, alle Sozialhilfebezüger unter Betrugsverdacht zu stellen.»
Auch der Anrechnung eines freiwilligen Vermögensverzichts kann Bissig nichts abgewinnen. «Darunter leiden Leute, die die Weiterbildung einer Verwandten finanzieren oder aus anderen gut gemeinten Gründen einen Teil ihres Vermögens weggeben – ohne zu ahnen, dass sie ein paar Jahre später Sozialhilfe beantragen müssen», sagt er.
Das sagen die Befürworter: Mitte-Präsident Flavio Gisler, der mit einem Vorstoss im Parlament die Gesetzesrevision ausgelöst hat, weist die Kritik zurück. «Nach dem aktuell gültigen Gesetz könnte ein Millionär heute sein Vermögen verschenken und morgen Sozialhilfe beantragen», sagt er. «Das muss korrigiert werden.» Im Fokus der Gesetzesänderung stünden vermögende Personen. Das Parlament könne dies in einer Verordnung noch genauer definieren, damit es nicht die falschen Leute treffe.
Flavio Gisler verteidigt zudem die Sozialinspektoren. Sozialhilfebetrug im grossen Stil gebe es im Kanton Uri zwar nicht, sagt er. Aber: «Es gibt Fälle, in denen Leute Sozialhilfe kassieren, gleichzeitig aber noch schwarz arbeiten. Hier müssen die Gemeinden eingreifen können.» Es gehe nicht darum, Sozialhilfeempfänger unter Generalverdacht zu stellen, sondern das Vertrauen in die Sozialhilfe zu stärken, damit klar sei: Wer Sozialhilfe bezieht, tut dies zu recht.
Das sagen die Parteien: Mitte, FDP und SVP unterstützen die Revision des Sozialhilfegesetzes. SP, Grüne und Grünliberale haben die Nein-Parole gefasst