Die Wohnraumdiskussion ist in Zug seit Jahren ein Dauerbrenner. In keinem anderen Kanton sind so wenige freie Wohnungen auf dem Markt, wie im Zentralschweizer Wirtschaftskanton.
Aktuell liegt die Leerwohnungsziffer bei 0.39 Prozent. Das Resultat der Wohnungsknappheit: Sehr hohe Mietkosten und ein einheimischer Mittelstand, der gezwungen wird, den Kanton zu verlassen.
Dass sich das ändern muss – darin sind sich die politischen Parteien im Kanton einig. Aber wie diese geschehen soll, da scheiden sich die Geister.
Am 18. Mai entscheidet die Zuger Stimmbevölkerung über die Mehrwertinitiative der SP. Diese erhofft sich eine Verbesserung der Lage, indem künftig nicht nur bei der Einzonung von Land eine Abgabe fällig wird, sondern auch bei Um- und Aufzonungen, also bei Verdichtungen, und beim Erstellen von Bebauungsplänen.
Gemeinden können Abgabe erhöhen
Konkret: Erhöht sich der Grundstückswert, können Eigentümerinnen und Eigentümer vom Mehrwert einen Freibetrag von einer halben Million Franken abziehen. Auf den übrigen Gewinn müssen die Gemeinden bei Einzonungen eine Abgabe von 30 Prozent erheben, bei Um- und Aufzonungen können diese bis auf 50 Prozent erhöht werden. Von diesen Einnahmen wiederum müssen sie die Hälfte für preisgünstige Wohnungen einsetzen.
Künftig sollen nicht nur wenige vom Wachstum profitieren. Ein Teil des Mehrwerts soll der Allgemeinheit zugutekommen.
Allein in der Stadt Zug betrage der Mehrwert, der durch Aufzonungen geschaffen werde, mehr als eine Milliarde Franken, argumentiert die SP. Heute fehlt eine obligatorische Abgabe auf solche Gewinne. Profitieren würden also nur die Landeigentümerinnen und -eigentümer, während die Kosten des Wachstums alle tragen müssten. «Künftig sollen nicht nur wenige vom Wachstum profitieren. Ein Teil des Mehrwerts soll der Allgemeinheit zugutekommen», sagt Andrej Marković, Geschäftsleitungsmitglied der SP Zug.
Dank dieser neuen Erträge könnten die Gemeinden insbesondere Wohnbaugenossenschaften besser unterstützen, argumentiert die SP weiter. Und: Da private Eigentümerinnen und Eigentümer die geschuldete Mehrwertabgabe auch in Form von preisgünstigen Wohnungen leisten könnten, werde ein Anreiz gegeben, diese auch zu bauen.
Mittelweg: der Gegenvorschlag
Eine Mehrheit des Kantonsparlaments und auch der Regierungsrat lehnt die Initiative ab. Sie gehe zu weit, wird argumentiert. Sie setzen sich für den Gegenvorschlag ein. Dieser will die Mehrwertabgabe grundsätzlich auf 20 Prozent festsetzen – und den Freibetrag auf 1.5 Millionen Franken. Und laut Gegenvorschlag müssten die Gemeinden die Mehrwerteinnahmen für raumplanerische Massnahmen einsetzen, prioritär für die Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus.
Komitee 2×Nein lehnt beide Varianten ab
Ein Komitee aus FDP- und SVP-Mitgliedern will die heutige Regelung beibehalten und lehnt sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ab. Die aktuelle Regelung sei erst 2019 eingeführt worden, eine Anpassung dränge sich in keiner Weise auf. Ausserdem seien beide Varianten kontraproduktiv: Bauherrschaften müssten im Voraus eine Mehrwertabgabe leisten auf einen fiktiven Mehrwert, der erst später realisiert werden könne. Das führe dazu, dass höhere Mietpreise verlangt würden.