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«Abstimmungs-Arena» AHV-Rente Kann sich die Schweiz eine 13. AHV-Rente leisten?

Pikante Ausgangslage: SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider tritt bei der Debatte für eine 13. AHV-Rente gegen ihre eigene Partei an. Im Zentrum der Abstimmungsvorlage vom 3. März stehen die Finanzierung und die Frage, ob alle Rentnerinnen und Rentner das Geld erhalten sollen.

Pensionierte Schweizerinnen und Schweizer würden mit ihrer Rente kaum noch über die Runden kommen, sagt der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB. Mit seiner Initiative fordert er darum eine 13. Monatsrente für alle.

Die Gäste in der «Abstimmungs-Arena»

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Für die Initiative:

Gegen die Initiative:

In ihrer Zeit als SP-Ständerätin hätte Elisabeth Baume-Schneider wohl Seite an Seite mit den Gewerkschaften für die Initiative gekämpft. Ihr Debüt in der «Arena» gab die Jurassierin am Freitag allerdings als Bundesrätin und Sozialministerin auf der Gegenseite. Zu Beginn der «Abstimmungs-Arena» hält sie fest, dass sie als Bundesrätin die Menschen im Land informieren müsse. Eines sei klar, «diese Initiative hat einen hohen Preis.»

Initianten lassen Finanzierung offen

Für Samira Marti, Co-Fraktionspräsidentin der SP, steht fest: «Wir müssen uns das leisten.» Ihr Mitstreiter und Chefökonom des SGB, Daniel Lampart, pflichtet ihr bei: «Die Preise explodieren, die Renten in der zweiten Säule sinken und die Realität ist, dass eine KV-Angestellte oder ein Maler diese Kosten mit 3500 bis 4000 Franken Rente bezahlen muss.» Eine Kompensation der tiefen Renten sei dringend nötig, damit die Menschen in Würde altern könnten, so Marti. Die Bundesrätin stimmt ihr zwar zu, betont aber auch, der Bundesrat habe eine doppelte Verantwortung: «Wir müssen auch sicherstellen, dass die AHV nachhaltig finanziert ist. Und diese Initiative hat einen Preis.» Schliesslich, so die Bundesrätin, gehe es hier um Milliarden. Im Jahr der Einführung würden die Kosten einer 13. AHV-Rente voraussichtlich 4,1 Milliarden Franken betragen.

Dieser Preis sei schlicht zu hoch, finden die Gegnerinnen und Gegner der Initiative. Immer mehr Menschen würden in Pension gehen, wodurch die AHV in eine finanzielle Schieflage gerate. Die Befürworterinnen und Befürworter hingegen sagen, der AHV gehe es gar nicht so schlecht. «Die AHV macht sogar Überschüsse», betont Lampart. Wie die Zusatzkosten einer 13. Monatsrente finanziert werden sollen, lässt der Initiativtext indes offen.

Bei einer Annahme der Vorlage müsste das Parlament über die Finanzierung entscheiden. Der SGB schlägt vor, dass Arbeitgeber und -nehmer mehr Lohnbeiträge zahlen sollen: zusätzlich je 0.4 Prozentpunkte. Das sei verkraftbar. SVP-Ständerätin Esther Friedli findet diesen Vorschlag alles andere als ideal. Eine Erhöhung der Lohnbeiträge oder sogar der Mehrwertsteuer, so Friedli, würde Erwerbstätige und Familien besonders belasten. «Eigentlich befeuern Sie damit den Kaukraftverlust!», wirft sie den Befürwortern vor.

Bundesrätin beantragte EL für ihren Vater

Ein Begriff fällt in Zusammenhang mit der AHV eigentlich immer: Generationenvertrag. Damit gemeint ist, dass in der AHV die Jüngeren für die Älteren bezahlen. Für die Zürcher Mitte-Kantonsrätin und Jungpolitikerin Tina Deplazes würde eine 13. AHV-Rente den Generationenvertrag arg strapazieren. Es könne nicht sein, dass die jungen Generationen mehr bezahlen müssten, um eine 13. Monatsrente zu finanzieren, «die ein Grossteil der Pensionierten nicht braucht». Dem stimmte auch Rentner Bruno Soltermann zu, seinerseits Präsident der Liberalen Senioren Kriens. Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, sprach sich hingegen klar für die 13. AHV-Rente aus: «Wir leben in einem der reichsten Länder und müssen unsere Verantwortung wahrnehmen», so Erni. Bundesrätin Baume-Schneider pflichtete ihr bei, betonte aber auch mehrfach, dass es «gezielte Massnahmen» brauche. Eine solche gebe es heute bereits mit den Ergänzungsleistungen.

Rund ein Viertel aller Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz haben Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Allerdings bezieht nur rund die Hälfte von ihnen diese Leistungen auch. Grund dafür ist oft die Scham. «Würden Sie, wenn Sie in diese Situation kämen, Ergänzungsleistungen beantragen?», fragte André Eisenstein, Rentner und Präsident von Avivo Zürich, die Bundesrätin in der «Abstimmungs-Arena». Sie habe bereits für ihren Vater Ergänzungsleistungen beantragt, antwortete diese. «Ich verstehe aber, dass es schwierig ist.» Es brauche dringend Informationskampagnen in den Kantonen, und man müsse den Menschen klarmachen, dass sie sich dafür nicht schämen müssten.  

Die erste SRG-Umfrage räumt der SGB-Initiative für eine 13. AHV-Rente gute Chancen ein: Laut dieser befürworten rund 60 Prozent der Stimmbevölkerung die Initiative. Die Schweiz wird am 3. März über die Vorlage abstimmen.

Arena, 16.02.2024, 22.25 Uhr

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