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Ein Rechtsprofessor erklärt Bleiben Witze über Schwule straflos?

Am 9. Februar wird über die Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm abgestimmt. Doch was stellt der neue Artikel unter Strafe, was nicht?

Erstes Beispiel: Am Stammtisch wird ein dummer Witz über Schwule gerissen. Wird das künftig strafbar sein? Rechtsprofessor Martino Mona sagt: «Schwulenwitze, auch die derben, platten und missglückten, sind weiterhin zulässig.» Dies gelte nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im öffentlichen. «Und zwar weil Witze ausgenommen sind von dieser Regelung.» Schwulenwitze bleiben also erlaubt, auch wenn sie nicht zum Lachen sind.

Zweites Beispiel: Zwei Frauen möchten ihre Partnerschaft eintragen lassen und für das Fest eine Hochzeitstorte bestellen. Der Bäcker will die Torte aber nicht backen. Darf er sich weigern? «Nein, und zwar deshalb, weil es eine öffentliche Dienstleistung ist, die er anbietet – für alle Menschen», sagt Mona. Wegen dieses öffentlichen Charakters müsse diese für die Allgemeinheit zugänglich sein. «Eine solche Verweigerung wäre hier nicht zulässig.» Eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ginge also nicht mehr.

Drittes Beispiel: Was bedeutet die Erweiterung der Strafnorm für eine Segnung oder Trauung in der Kirche, einer Moschee oder einer Synagoge? Religiöse Gemeinschaften dürfen diese verweigern: «Das wäre kein Verstoss, denn Religionen können sich selbst regulieren. Eine Segnung ist nicht etwas, das allen angeboten wird, sondern sie wird jenen Menschen angeboten, die beispielsweise einen bestimmten Glauben haben.» Die Voraussetzungen für eine Segnung dürfen Religionsgemeinschaften somit selbst bestimmen.

Viertes Beispiel: Die Gegner des erweiterten Antirassismus-Artikels befürchten, sie dürften sich künftig nicht mehr politisch oder öffentlich gegen die Ehe für alle oder gegen das Adoptionsrecht für Homosexuelle äussern. Mona erklärt: «Man darf der Meinung sein, dass es bestimmte Lebensformen geben sollte und andere nicht. Man hat bestimmte Idealvorstellungen. Diese können und sollen sehr verschieden sein und sollen auch in der politischen Diskussion Eingang finden.» Die Angst vor einem Verbot sei unberechtigt.

Martino Mona

Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Bern

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Martino Mona studierte Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten Fribourg, Paris, Oxford und Bern. Weiter studierte er Rechtwissenschaften an den Universitäten Bern, Basel und an der Harvard Law School und Cambridge. Seit 2012 hat der den Lehrstuhl für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Bern inne.

Generell gehe es nicht um das Äussern irgendwelcher Meinungen und Überzeugungen, sondern um solche, die auf gravierende Art und Weise die Menschenwürde einer Person angreifen, so der Professor. «Nicht irgendwelche Sprüche, nicht irgendwelche Witze, sondern es sind wirklich absichtlich herablassende, perfide Dinge, die da gesagt werden müssen, und die dann – wird der Artikel angenommen – auch strafrechtlich verfolgt werden können.»

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