Der Kanton Aargau setzt pro Jahr knapp 5 Milliarden Franken um. Die Staatsausgaben sind in den letzten Jahren stetig gewachsen, und zwar stärker als die Einnahmen. Die Regierung befürchtet, dass die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen immer grösser wird, sie spricht von einem «strukturellen Defizit».
Ausgabenwachstum Kanton Aargau
- Bildung, Gesundheit, Soziales, Sicherheit, Rechtssprechung werden teurer
- Rechnung 2014: Defizit von 65 Millionen trotz Entnahme von 80 Millionen aus Reserve
- Minus total 2014: 145 Millionen Franken
Um etwa diesen Betrag, nämlich um 120 Millionen Franken pro Jahr, will die Regierung deshalb in den nächsten Jahren das Wachstum des Aufwandes bremsen. Sie betont, dass sie nicht spart, denn die Ausgaben würden weiterhin zunehmen.
Leistungsanalyse der Aargauer Regierung
- 190 Massnahmen, zum Teil in der Kompetenz der Regierung, zum Teil ist der Grosse Rat zuständig
- Sparmassnahmen: z. B. kein Postversand mehr an Mitglieder des Grossen Rates, kürzere Öffnungszeiten im Strassenverkehrsamt, weniger Geld für Deutsch als Zweitsprache in der Schule, weniger Geld für Einschulungsklassen
- Mehreinnahmen über höhere Gebühren (z. B. Kostenpflicht für die Laufbahnberatung von Erwachsenen)
Redeschlacht im Grossen Rat
Die Diskussionen im Grossen Rat waren hitzig. Die Linke vertrat den Standpunkt, der Aargau gebe gar nicht zu viel aus. Er nehme wegen der Steuergeschenke an die Reichen der letzten Jahre einfach zu wenig ein. Gespart würde jetzt auf dem Buckel der Schwachen und der Bildung.
Das Streitgespräch zur Abstimmung
Ganz anders die Argumente der Rechten, vor allem der SVP: Gespart werde gar nichts, denn die Ausgaben würden ja immer noch steigen. Der SVP sind vor allem die Gebührenerhöhungen ein Dorn im Auge. Das sei genau das Gegenteil von sparen, nämlich eine verkappte Steuererhöhung.
Im November 2014 genehmigte der Grosse Rat die Leistungsanalyse. Er folge dabei praktisch überall den Anträgen der Regierung. Bei diversen Kürzungen im Bildungsbereich ging er aber weniger weit als die Regierung.
Für die weitaus meisten Massnahmen sind keine Gesetzesänderungen nötig. Diese Entscheide konnte der Grosse Rat abschliessend fällen. Er beschloss aber, die nötigen Gesetzesänderungen vors Volk zu bringen.
Volksabstimmung über das «Gesetz zur Umsetzung der Leistungsanalyse»
- Inhalt: Änderungen in 15 kantonalen Gesetzen (z. B. Polizeigesetz, Gesetz über die Einwohnergemeinden, Gesundheitsgesetz)
- Massnahmen: z. B. Abschaffung der Pilzkontrolle, Abschaffung des Berufswahljahres
- Grösster Posten: Bewohner von Alters- und Pflegeheimen müssen mehr Vermögen aufbrauchen für die Heimkosten (8 Mio.)
- Entlastungspotenzial total: 17 Millionen Franken
Das Aargauer Stimmvolk kann am 8. März also nur über 17 Millionen Franken abstimmen. Im Grundsatz geht es aber um die Leistungsanalyse (oder je nach Standpunkt das Sparpaket) von rund 120 Millionen Franken.
Die treibenden Kräfte hinter der Volksabstimmung (Grüne, SP) geben denn auch offen zu, dass es nicht um die 17 Millionen Franken geht. Sie wollen eine Grundsatzdiskussion führen über die finanzielle Zukunft des Kantons.
Die Linken wollen mit einem Nein zum Gesetz über die Leistungsanalyse Diskussionen über noch weitergehende Analysen oder Sparpakete im Keim ersticken. Ein Nein würde aus ihrer Sicht den Weg ebnen für Steuererhöhungen.
Knacknuss für das Stimmvolk
In heftigem Kontrast zu den hitzigen Diskussionen im Grossen Rat steht der flaue Abstimmungskampf. Die Gegner der Leistungsanalyse sind mit ihrer Schlagzeile «Nein zum Kahlschlag im Aargau» auf vielen Plakatwänden präsent. Aber Podiumsveranstaltungen des Nein-Komitees sind schlecht besucht. Es könnte sein, dass das Stimmvolk von der Komplexität der Abstimmungsvorlage überfordert ist.
Die Befürworter führen den Abstimmungskampf auf Sparflamme. Sie sind ihrer Sache ziemlich sicher und gehen davon aus, dass der Aargau der bürgerlichen Mehrheit im Grossen Rat folgt. Und selbst wenn das Stimmvolk das «Gesetz über die Umsetzung der Leistungsanalyse» kippen würde, wären die 17 Millionen Franken aus Sicht der Bürgerlichen verschmerzbar. Auch dann würde das Ausgabenwachstum noch um rund 100 Millionen Franken pro Jahr gebremst.