«Das Volk ist nicht dumm», erklärt SVP-Kantonsrat Silvio Jeker in der Lounge des Solothurner Ramada-Hotels. Dort hat sich die Solothurner SVP am Abstimmungstag versammelt, um ihre absehbare Schmach zu verarbeiten. «Wenn das Volk keine weiteren Steuervergünstigungen will, dann ist das sicher richtig so», fährt Jeker fort.
Eine Überraschung ist dieses Resultat wahrlich nicht. Mit 62 Prozent Nein-Stimmen musste man rechnen. Die SVP stand allein auf weiter Flur in einem praktisch nicht existierenden Abstimmungskampf. Sogar der Gewerbeverband hatte der Partei seine Unterstützung entzogen im Kampf gegen die «Steuerhölle Solothurn», wie es die Volkspartei zu formulieren pflegt. Unter diesen Umständen ist ein Ja-Anteil von 38 Prozent schon beinahe ein Achtungserfolg.
Das Volk ist nicht dumm.
«Die letzten schlechten Nachrichten haben wohl zum Resultat beigetragen», meint Jeker. Die Nationalbank hatte den Kantonen weitere Millionenbeträge entzogen, die Budgets verschlechtern sich noch mehr. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass das im Kanton Solothurn noch kaum eine Rolle spielt. Trotz bereits beschlossener Steuererhöhung plant die Solothurner Politik nämlich ein Millionenloch in der Kasse: 110 Millionen Franken sollen im laufenden Jahr fehlen.
Das Stimmvolk habe die Lage erkannt, frohlockt der ruhige CVP-Finanzminister Roland Heim. Um sogleich nachzuschieben: «Die Lage ist nicht katastrophal, aber sie ist ernst.» Auf zusätzliche 75 Millionen Franken pro Jahr hätte der Kanton deshalb nicht verzichten können, wiederholt Heim die Argumentation der zahlreichen Initiativengegner. Und er betont: «Wir haben in den letzten 10 Jahren etwa 100 Millionen Franken Steuergeschenke gemacht mit verschiedenen Revisionen.»
Die Lage ist ernst.
Tatsache ist, dass das Solothurner Stimmvolk und damit auch die Solothurner Steuerzahler nun freiwillig auf Geschenke verzichten. Ja, sie haben indirekt sogar grünes Licht dafür gegeben, dass die Steuerbelastung steigt. Das Parlament hat im Dezember einer Erhöhung bereits zugestimmt, das Votum vom Sonntag kann als indirekte "Absegnung" dieser Massnahme gewertet werden.
Roland Heim ist darüber offensichtlich erleichtert. Im Gespräch mit Radio SRF gibt er zu: Er hatte es durchaus für möglich gehalten, dass die SVP-Initiative eine Mehrheit finden könnte. Das Solothurner Stimmvolk hat sich aber wie erwartet vernünftig gezeigt. Uneigennützig sogar. Die Liebe zum Staat geht über die Liebe zum eigenen Geldbeutel.
Das zeigt eine grosse Loyalität des Volkes zur kantonalen Politik. Es zeigt aber auch, dass im Kanton Solothurn wirklich finanzieller Handlungsbedarf besteht. So dass das Volk nicht weiter gegen seine ureigensten Interessen abstimmen muss.